Die Türkei im Umbruch
İ. Halil Özak
Yıldırım Dağyeli
Dağyeli
Seit I960 befindet sich die türkische Gesellschaft in einem äußerst komplizierten, schnellen und ständigen Umbruch. Die Autoren dieses Bandes skizzieren mit ihren Beiträgen ein Panorama dieser mittlerweile ein Vierteljahrhundert andauernden Entwicklung. Sie befassen sich nicht nur mit diesem Prozeß in der Türkei selbst, sondern leisten auch zur weiteren Entwicklung in der Türkei ihren Beitrag. Verschiedene Themenbereiche werden untersucht, so die politische Kultur, die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Türkei und der EG, Stellung und Rolle der Armee, der Einfluß des Islams auf Gesellschaft und Politik, die Arbeiter- und Migrantenpolitik der türkischen Regierung, das Grundgesetz von 1982, die Parteienlandschaft, die türkischen Außenwirtschaftsbeziehungen, Westorientierung und Identitätssuche sowie der Standort der türkischen Linken.
Die Autoren dieses Bandes, Prof. Dr. Nermin Abadan - Unat, Mehmet Ali Birand, Dr. Mevlüt Bozdemir, Yıldırım Dağyeli, Dr. Șehmus Güzel, Dr. Kenan Mortan, İ. Halil Özak, Dr. Ali Yaşar Saribay und Dr. Bülent Tanör, stammen alle selbst aus der Türkei und haben sich über die Grenzen ihres Landes hinaus einen Namen gemacht.
Inhalt
Vorwort / 9
Bülent Toner
Der Verfassungswandel in der Türkei / 11
Übersetzt von Christian Rumpf
Kenan Morton
Wandlungsprozesse in der Wirtschaft der Türkei und die
Neuerungen in den Außenwirtschaftsbeziehungen / 42
Übersetzt von Hartwig Mau
Mevlut Bozdemir
Die Türkei zwischen Militärregierung und Demokratie / 68
Übersetzt von Çait Güleng
Ali Yaşar Sarıbay
Der Einfluß der Religion auf die türkische Gesellschaft
und ihre Rolle im politischen Leben / 88
Übersetzt von §ahabeddin Buz
Șehmus Güzel
Organisierung der Arbeiter und Gewerkschaften -
ihr Stellenwert im politischen Leben der Türkei / 113
Übersetzt von Hartwig Mau
Yıldırım Dağyeli
30 Jahre marxistische Linke der Türkei:
Von der Träumerei zur Orientierungslosigkeit / 152
Nermin Abadan-Unat
Die Migrationspolitik der Türkei / 161
Übersetzt von Mechtild Ossenbeck-Özak
Mehmet Ali Birand
Die Beziehungen der Türkei zur EG / 187
Übersetzt von Șahabeddin Buz
İ. Halil Özak
Die Auswirkungen des sozialen Umbruchs
auf die Außenpolitik / 208
Die Autoren / 247
VORWORT
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg, verstärkt aber danach, entschied sich die Türkei, ihren Platz an der Seite des Westens einzunehmen. Während die Türkei in den letzten Jahren sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik der Bundesrepublik nach und nach einen bedeutenderen Stellenwert erreicht hat, existieren in der bundesdeutschen Öffentlichkeit noch immer wesentliche Wissenslücken über das Land.
Nachdem die Türkei in den letzten Jahren von den Bundesbürgern als Reiseland entdeckt wurde und sie darüber hinaus auf die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft drängt, erschienen einige Sach- und mehrere Reisebücher über die Türkei, auch die Diskussionen über das Land belebten sich. Diese Bücher sind allerdings nur selten unter Einbeziehung türkischer Quellen verfaßt.
Insbesondere seit 1960 befindet sich die türkische Gesellschaft in einem äußerst komplizierten, schnellen und ständigen Umbruch. Dieser wird jedoch in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit oft ohne hinreichende Kenntnisse interpretiert. Zum Beispiel gilt in einigen Kreisen der Bundesrepublik die türkische Armee als Wächter und Retter der Republik, in anderen als böse Unterdrücker, wieder andere betrachten sie als das kleinere Übel. Die Militärputsche in der Türkei von 1960,1971 und 1980 werden fast immer einander gleichgestellt, ohne daß eine weitergehende Analyse erfolgt. Viele Bundesbürger lehnen die Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Gemeinschaft ab, weil die türkische Bevölkerung überwiegend der islamischen Glaubensgemeinschaft angehört. Derartige Feststellungen und Urteile werden in der Regel ohne ausreichende Hintergrundkenntnisse getroffen, und diese Beispiele ließen sich fortsetzen.
Die Autoren dieses Buches skizzieren mit ihren Beiträgen ein Panorama des mittlerweile ein viertel Jahrhundert andauernden Umbruchs in der Türkei. Sie versuchen, die Ursachen dieser Entwicklung zu analysieren und dem Leser Informationen zu vermitteln, die verschiedene Aspekte berühren, von der Rolle der Armee bis zu der der Religion in der Türkei, von der Arbeiterbewegung bis zur Verfassung, von der Außenpolitik bis zum Standort der Linken.
Den Herausgebern ist bewußt, daß in den vorliegenden Aufsätzen einige Aspekte von den Autoren unterschiedlich interpretiert und beurteilt werden. Wir betrachten es jedoch zum einen als Freiheit eines jeden Autors, gesellschaftliche Ereignisse individuell einzuschätzen, zum anderen zeigt dieses Spektrum, daß die Türkei sich auch in intellektueller Hinsicht bei der Einordnung der gesellschaftlichen und politischen Prozesse in einer Umbruchsituation befindet.
Die Autoren eines Landes und deren Forschungsergebnisse sind außerdem auch eine Widerspiegelung ihrer Gesellschaft, wenn dieses Land sich gesellschaftlich und intellektuell in einem ständigen Wandel befindet.
Sollte dieser Band dazu beitragen, beim Leser die Kenntnisse über die Türkei zu erweitern, dann ist das Ziel der Herausgabe dieses Buches erreicht.
Yıldırım Dağyeli,
İbrahim Halil Özak
Juli 1989
Bülent Tanör
Der Verfassungswandel in der Türkei
Dieser Beitrag hat die Aufgabe, einige Grundtendenzen aufzuzeigen, die sich in den letzten dreißig Jahren in der Türkei abgezeichnet haben, und auf einige Einzelfragen einzugehen, die sich in diesem Rahmen stellen. Ziel ist es, einige Anhaltspunkte dafür zu finden, in welche Richtung ein Wandel in der Verfassung stattgefunden hat und diese Anhaltspunkte zu bewerten.
Diese Tendenzen und Probleme wurden in zwei Gruppen zusammengefaßt eine von klassischem und universalem, die andere von spezifischem und speziellem Charakter. Die erste betrifft die Balance zwischen Autorität und Freiheit, das ewige Thema auch des westlich-liberalen Verfassungsdenkens. Die zweite besteht in dem für die Mehrheit der Länder der Dritten Welt und dabei auch für die Türkei typischen Problem des Verhältnisses von militärischer zu politischer Gewalt.
Die Grundlage für die beiden Gruppen bilden die Verfassungen von 1961 und 1982 sowie die sie umgebenden gesellschaftlichen, politischen, ideologischen und anderen Faktoren.
I. Ein klassisches Problem:
Die Balance zwischen Autorität und Freiheit
In der Türkei, die im Jahre 1945 zum Mehrparteiensystem übergegangen war, herrschte bis 1960 in Theorie und Praxis das Prinzip der »reinen Volkssouveränität« vor, unter der jeder, der über die parlamentarische Mehrheit verfügte, sich ermächtigt glaubte zu tun, was er für richtig hielt. Die Wurzeln eines solchen Verfassungsverstaändnisses …
İ. Halil Özak
Yildmm Dagyeli (Hrsg.)
Die Türkei im Umbruch
Dağyeli
Dağyeli
Die Türkei im Umbruch
İ. Halil Özak
Yildmm Dagyeli (Hrsg.)
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Die Türkei im Umbruch / İ. Halil Özak; Yıldırım Dağyeli (Hrsg.).
- Frankfurt (Main): Dağyeli 1989
ISBN 3-924320-72-1
NE: Özak, Ibrahim Halil [Hrsg.]
1. Auflage 1989
© by Dağyeli Verlag
Merianstraße 27, D-6000 Frankfurt 1, Telefon 069/438138
Alle Rechte Vorbehalten
Lektorat: Mechthild Ossenbeck-Özak
Umschlag: Mehmet Özdemir
Gesetzt aus der Times
Satz (Datenübernahme): LetraSatz, Alsfeld
Druck: Fuldaer Verlagsanstalt, Fulda
Printed in Germany
ISBN 3-924320-72-1