Entführt - vergiftet - und doch gerettet
Kurdistan ! ...
Ein diamantbesäter Himmel wölbt sich über uns, als wir in der Eisenbahn sitzen, die uns gen Norden nach Kerkuk bringen soll. Noch einmal blitzen die zahlreichen Kuppeln Bagdads golden auf und winken uns einen Abschiedsgruß zu.
Unsere Reisegefährten in der dritten Klasse bestehen aus einem Gemisch von finster unter ihrem dunklen Turban hervorblickenden Kurden und Arabern, die uns mit ihren kalten, wenig vertrauenerweckenden Blicken durchbohrend mustern. Uns muss das kalt lassen, denn das Wichtigste, wenn auch Schwierigste, war und blieb für uns, in irgendeiner Weise mit den Kurden in nähere Fühlung zu treten, sollte unser Plan nicht schon von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Die arabische Sprache beherrschen wir jetzt schon ganz gut, aber zwischen den Arabern und Kurden besteht nicht nur ein gewaltiger Rassenunterschied, auch die arabische Sprache ist den Kurden völlig volksfremd. Wir müssen nun also Kurdisch lernen.
Uns gegenüber sitzt ein besonders finster dreinblickender Geselle. Er hat seine Hose ausgezogen, sie auf der Bank ausgebreitet und verrichtet darauf kniend sein Abendgebet, das Gesicht gen Mekka gekehrt. Aus der Ferne hören wir noch den Muezzin sein "La illallah, illallah Muhmeddin resullillah" rufen. Lange betet unser Gegenüber, denn er ist offensichtlich ein Hadschi (Mekkapilger), der sein Gebet viel länger auszudehnen hat als ein gewöhnlicher Muselmann.
Erfrischend weht uns ein kühles Abendlüftchen ins Gesicht. Dann verschwindet langsam die Märchenstadt Bagdad am Horizont.
Als der fromme Mann sein Abendgebet beendet hat, lachen wir ihn einmal so recht herzlich an und reichen ihm eine Zigarette. Schweigend, ohne eine Miene zu verziehen, nimmt er sie und zündet sie an. Unser Angebot hat ihn nicht freundlicher gestimmt. Sein eiskalter Blick trifft uns aus blitzenden Augen. Wir übersehen das geflissentlich, denn wir wollen ihn unbedingt zu einem Gespräch mit uns bewegen. Ich deute nun auf den aus seinem breiten Lendengurt hervorlugenden Dolchgriff. Unser unfreundliches Gegenüber fletscht jetzt seine schneeweißen Zähne und bringt höhnisch lächelnd ein mehr als ellenlanges, furchtbar breites Messer in schön geschwungener Form zum Vorschein. Sepp und ich erbleichen vor Schreck, als er es zum Spaß gegen uns führt. Es überläuft uns ein unheimliches Gruseln, als wir von dem haarscharfen Messer in die kalt bleibenden Augen des Mannes blicken... |