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PKK, die Diktatur des Abdullah Öcalan


Auteur :
Éditeur : Fischer Date & Lieu : 1997, Frankfurt
Préface : Pages : 256
Traduction : ISBN : 3-596-13587-7
Langue : AllemandFormat : 125x190 mm
Code FIKP : Liv. Ger. Cur. Pkk. N°1087Thème : Politique

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PKK, die Diktatur des Abdullah Öcalan

PKK, die Diktatur des Abdullah Öcalan

Selim Çürükkaya

Fischer


Selim Cürükkaya, in den 70er Jahren Gründungsmitglied der kurdischen Arbeiterpartei PKK, beschreibt tnit beklemmender Genauigkeit, wie er die Organisation nach seiner elfjährigen Haft in türkischen Gefängnissen vorfand: Deformiert zur stalinistischen Führerpartei unter der Diktatur des Abdullah Öcalan und erstarrt im despotischen Klima geradezu orwell-scher Zustände. Der Autor, der versteckt in Europa lebt, um nicht den PKK-Häschern oder dem türkischen Geheimdienst in die Hände zu fallen, erinnert an die ursprünglichen Ziele der PKK und an die fortdauernde Unterdrückung der Kurden durch die türkische Armee und Regierung.

Selim Qiiriikkaya, geboren 1954, war als Student einer der Gründer der PKK und saß von 1980 bis 1991 in türkischen Gefängnissen. Im Exil überwarf er sich mit PKK-Führer Öcalan und lebt seitdem versteckt in Europa.


VORWORT

Günter Wallraff
Zu diesem Buch


Wer sich nicht in Gefahr begibt, läßt sich
und andere verkommen und erstickt
letztlich an sich selbst.

Im August 1994 begann ich mich für das Buch von Selim Cürükkaya zu interessieren. Ein kurdischer Freund, der in der Türkei verfolgt wurde und in Deutschland politisches Asyl erhalten hatte, fürchtete um sein Leben. Der Grund: Er war in der türkischsprachigen Ausgabe von Cürükkayas Buch positiv erwähnt worden.

Auf fünf Kurden, die sich für die Verbreitung des Buchs eingesetzt hatten, oder es auch nur besaßen, hatten PKK-Aktivisten zuvor in Bremen und Hamburg Anschläge verübt. Sie wurden lebensgefährlich verletzt, einer lag mehrere Tage im Koma.
Obwohl oder gerade weil ich der Freiheitsbewegung der Kurden Verständnis entgegenbringe, entschloß ich mich, den Autor näher kennenzulernen, um ihn gegebenenfalls bei der Veröffentlichung einer deutschsprachigen Ausgabe behilflich zu sein.
Ich erlebte, wie er und seine Frau Aysel von deutschen Behörden schikaniert wurden, weil sie sich weigerten, vor Gericht als »Zeugen« - sie selbst hätten es als Verrat empfunden - gegen ehemalige Kampfgefährten auszusagen. Als Folge bekamen sie die ihnen zustehende Sozialhilfe über Monate nicht angewiesen und wurden mit Beugehaft bedroht. Aysel Cürükkaya wurde kurzfristig in Beugehaft genommen, weigerte sich jedoch, belastende Aussagen zu machen. Gleichzeitig wurden sie in Mitteilungsblättern der PKK als »Verräter« tituliert, die man »in Spucke ertränken« müsse, die »ihr Leben verwirkt« hätten und fortan »wie Reptilien sich in Höhlen verkriechen« sollten. (Eine haßschäumende Sprache, wie sie mir von den iranischen Ayatollahs zur immerwiederkehrenden Bekräftigung ihrer Fatwa gegen Salman Rushdie nur zu vertraut ist.)
Die Cürükkayas fanden sich in einer Position, die recht unbequem, aber in dieser Situation vielleicht die ehrlichste und anständigste für selbstkritische, nicht-korrumpierbare Intellektuelle ist: zwischen den Stühlen zu sitzen.

Damit sie sich erholen konnten - und um sie aus ihrem 8-qm-Verlies herauszuholen lud ich sie zu mir ein. Selim Cürükkaya überarbeitete und aktualisierte seine »Apo-logie« und versuchte, sie auch deutschen Lesern transparent und verständlicher zu machen. Dennoch fand sich lange Zeit kein Verlag zu einer Veröffentlichung bereit. Begründung: für »deutsches Publikum zu kompliziert« oder/und: »zu riskant« !
Daß ein Autor, der wegen eines kritischen Buches mit dem Tode bedroht wird, schon allein deshalb veröffentlicht werden muß, scheint alles andere als eine Selbstverständlichkeit zu sein.

Eine zentrale Kritik des Buches bezieht sich auf die »Säuberungen« und internen »Schauprozesse« innerhalb der Organisation, d. h. die Ermordung von Personen, die gegen die Politik von Abdullah Öcalan opponierten oder gegen die »Parteilinie« verstießen. Es ist einem Außenstehenden wie mir nicht möglich, alle im Buch aufgeführten Fälle zu verifizieren, insbesondere nicht jene, die in den PKK-Lagern passiert sein sollen. Wenn jedoch ein der PKK wohlwollend gegenüberstehender Journalist wie Ismet G. Imset1 berichtet, daß allein Ende 1987/ Anfang 1988 mehr als 30 innerparteiliche Oppositionelle ermordet wurden, so müssen die Angaben Cürükkayas ernstgenommen werden. Mit seiner pauschalen Behauptung, hinter den Morden stecke eine Nato-Sondertruppe namens »Gladio«, versucht Öcalan ganz offensichtlich von seiner Urheberschaft abzulenken. (Und wenn diese Behauptung des PKK-Vorsitzenden ernstgenommen würde, müßte der logische Schluß im übrigen heißen, daß die Nato im Interesse der PKK handelt, weil sie die Gegner der PKK-Fiihrung liquidiert.)

In meinem ersten Gespräch mit Abdullah Öcalan gab dieser wenigstens zu, daß 1985 und 1986 der Höhepunkt der Morde in Europa war. Er sagte jedoch nicht, daß es nicht allein partei-interne, sondern auch externe Kritiker aus anderen Organisationen wie Komkar und Devrimci Yol traf. Im Falle des Rechtsanwaltes Mahmut Bilgili kommt noch hinzu, daß er überhaupt keine Opposition zur PKK betrieb, für die er 6 Jahre lang in »der Hölle von Diyarbakir« im Knast gesessen hatte, sondern einfach »seine Ruhe haben wollte«. Wenn es zutrifft, was sein Vater herausgefunden haben will, nämlich daß nahe Angehörige von ihm (Neffen) mit dem Mord beauftragt wurden, um ihre Treue zum Führer unter Beweis zu stellen, dann ist dies ein weiteres Beispiel für die Perfidität eines Machtbesessenen.

Von Enver Ata über Cetin Güngör, Hüseyin Yildirim, Kesire Öcalan und Mehmet Sener bis hin zu Selim Cürükkaya hat es eine lange Reihe von lauten und leisen Kritikern in den Reihen der PKK gegeben. Hüseyin Yildirim und Kesire Öcalan entgingen Morden, indem sie im Ausland auf öffentliche Kritik verzichteten. Cetin Güngör fiel einem Attentat zum Opfer, obwohl seine Flugblätter kaum über einen internen Kreis hinausgingen. Mehmet Sener wurde ermordet, ohne für seine Idee der »Wiederbelebung« (Vejin) der Organisation genügend Freunde organisiert zu haben.

Der vorläufig letzte in der Reihe, Selim Cürükkaya, möchte keine Organisation gründen oder die bestehende Organisation spalten. Er ist der erste (ehemals führende) Kopf der PKK, der seine Thesen öffentlich macht und zur Diskussion stellt und dadurch auf eine Demokratisierung in der Gruppe seiner Freunde hofft. Er hat es als erster geschafft, lange genug zu überleben, und dazu noch den verzweifelten Mut besessen, seine Ansichten in Buchform zu veröffentlichen.

In vielem scheint mir der selbsternannte Führer der PKK, »Apo« Abdullah Öcalan, Resultat, Produkt und Konsequenz einer jahrzehntelangen Verfolgungs- und Vernichtungsstrategie der türkischen Mi-litärdemokratur gegen die kurdische Bevölkerung zu sein. Wie in einem System kommunizierender Röhren verhält sich die PKK mit ihren Terroraktionen zu den Massakern der türkischen Sondereinheiten und Todesschwadronen. Bisher wurden von türkischen Militärs über 3000 kurdische Dörfer und Ortschaften zerstört, über eine Million Kurden aus ihrer angestammten Heimat vertrieben und fast 25 000 Menschen ermordet.2
Die Türkei ist berüchtigt für ihre Jahr für Jahr erschreckende Menschenrechtsbilanz. Viele der Opfer sind Kurden. In den 90er Jahren gab es mehr als 100 Foltertote in Polizeihaft und den Gefängnissen. Erst im September letzten Jahres wurden die kurdischen Gefangenen in Diyarbakir von Soldaten, Sondereinheiten und Polizei so brutal zusammengeschlagen, daß 10 Gefangene sofort starben und ein weiterer auf dem Transport. Die Ermittlungen ergaben, daß die Schläge mit Nägeln bespickten Knüppeln auf die Köpfe der Gefangenen in Mordabsicht erfolgten, amnesty international verzeichnete zwischen 1991 und 1996 mehr als 1000 außergerichtliche Hinrichtungen und in drei Jahren, bis Ende 1995, über 100 Fälle von »Verschwundenen«, die meisten in den kurdischen Gebieten.

Allerdings wurden in diesen drei Jahren auch 400 Zivilisten durch PKK-Einheiten umgebracht, die meisten der Opfer waren wiederum Kurden. Die »Menschenrechtsstiftung« der Türkei verzeichnete im Jahre 1994 insgesamt 192 Morde an Zivilisten, von denen 156 zu Lasten der PKK gingen. So wie von der türkischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte und Aufklärung der Verbrechen gefordert werden muß, sollte auch die PKK mit ihrem Anspruch auf (zukünftige) Regierungsgewalt schon jetzt zur Achtung der Menschenrechte aufgefordert werden. Die Aufklärung von Morden an unbewaffneten Zivilisten darf nicht mit den Worten des Vorsitzenden der PKK, »eine Nation wird massakriert, was bedeutet schon ein Menschenleben« abgewiesen werden.

In den letzten Monaten signalisiert der Chef der etwa 15 000-köpfigen »Befreiungsarmee«, der sich rühmt, »selbst nie ein Gewehr in die Hand genommen« zu haben und sich als »absolut fehlerlos«3 bezeichnet, zunehmend Verhandlungs- und Friedensbereitschaft. In seinen Stellungnahmen ist er abgerückt von dem Fernziel eines autonomen Kurdenstaates und begnügt sich scheinbar mit einem föderativen Modell oder »einem bundesstaatlichen nach Schweizer Vorbild«. Er sieht sich als »den ersten Falken« der »nun die erste aller Tauben ist«, »noch vor der späten Taube Arafat«.

Die Türkei reagiert darauf mit verstärkten Bombardierungen und Offensiven gegen PKK-Stellungen im Nord-Irak. Oft hat man den Eindruck, das türkische Militär braucht diese PKK und diesen Kurdenführer zur Rechtfertigung ihrer Vor- und Übermacht im türkischen Staat. Allein die ständig wachsenden Kriegskosten werden selbst von offiziellen türkischen Stellen mit 8-10 Milliarden Dollar im Jahr angegeben, dies sind 40% des Gesamthaushalts. Und das auf diplomatischem Wege eingebrachte Angebot eines PKK-Unterhänd-lers an die türkische Regierung, zehn gefangene türkische Soldaten freizulassen, lehnte ein Regierungsbevollmächtigter mit dem Satz ab: »Kein Interesse. Mit euch verhandeln wir nicht. Werft sie doch ins Meer!«
Eines scheint sicher: unter der Vorherrschaft des jetzigen Kurdenführers und mit einer Parteistruktur, die - wie in Selims Buch drastisch veranschaulicht - allen Mitgliedern Selbstaufgabe und bedingungslosen Kadavergehorsam abverlangt, wird sich keine wirklich freie kurdische Gesellschaft aufbauen lassen. Immer wieder bekomme ich von kurdischen Intellektuellen (aus Angst vor Repressalien oder/und auch aus politisch-taktischen Erwägungen meist hinter vorgehaltener Hand) zu hören: lieber kein freies Kurdistan als eines unter der Alleinherrschaft dieser PKK. Diese würde politische Morde und Säuberungsaktionen gegen Abweichler und politische Gegner zur Regel machen. Die jetzige interne Parteidiktatur würde sich dann über die gesamte kurdische Gesellschaft stülpen. Denn der von Gott begnadete Führer, dessen Gefolgschaft, wie er glaubt, »in einer göttlichen Verbindung« zu ihm stehe, duldet niemanden neben, geschweige denn über sich - es sei denn die Toten, die zu Märtyrern verklärt oder umgefälscht werden, wenn sie nicht mehr widersprechen können.

Andererseits: die kurdische Freiheitsbewegung ist vielgestaltiger, als es durch den Alleinvertretungsanspruch der PKK erscheint. Kurdische Politiker wie Mehdi Zana4, der ehemalige Bürgermeister von Diyarbakir und eine Art regionaler Mandela, sowie seine inhaftierte Frau Leyla oder auch Ismail Besikei und der ehemalige türkische Abgeordnete Ibrahim Aksoy sind Persönlichkeiten, die das Vertrauen der kurdischen Bevölkerung besitzen, friedliche Lösungen der Kurdenfrage anstreben und auch im demokratischen Ausland Vertrauen und Unterstützung herzustellen in der Lage wären.

In einer weltpolitischen Konstellation, in der nationale Befreiungsbewegungen international Beachtung finden und ihre Rechte und Souveränität erkämpfen, muß es auch für die in der Geschichte bisher stets mißbrauchte, betrogene und verratene kurdische Bevölkerung eine Lösung ihrer Wahl und ein Recht auf Selbstbestimmung geben. Am Ende auch mit einem geläuterten Öcalan - als Gleicher unter Gleichen, der sich ähnlich wie Arafat vom Terroristenchef zum friedensstiftenden Staatsmann wandelt ? Kaum vorstellbar. Aber wie heißt es doch: Wer lebt, sage niemals nie?

1 In seinem Buch »PKK«, Ankara 1993
2 Laut offiziellen türkischen Angaben hat der Guerillakrieg allein 1996 3500 Menschen-leben gefordert, wurden bei Kämpfen im kurdischen Teil der Türkei 2782 PKK-Kämp-fer und 531 Regierungssoldaten, Polizisten und Dorfwächter getötet. 143 Zivilisten sollen nach einer Statistik der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur »Anadolu« bei Überfällen der PKK getötet worden sein.
3 Auf dem V. PKK-Kongreß 1994 wörtlich: »Mich selber kann ich als absolut fehlerlos bezeichnen«
4 Mehdi Zana saß wegen »Separatismusbestrebungen« fast 13 Jahre in türkischen Ge-fängnissen. Er lebt seit 2 Jahren im Exil und beabsichtigt, im Frühjahr wieder in die Türkei zurückzukehren, um dort eine erneute 8jährige Haftstrafe anzutreten, weil, wie er sagt: »ich dort dem türkischen Staat am unbequemsten bin.«



Vorwort des Autors

Seit 15 Jahren bin ich in Gefangenschaft. Elf Jahre davon sollte ich in türkischen Gefängnissen meine kurdische Herkunft verleugnen. Als ich endlich wieder bei meinen Freunden von der Kurdischen Arbeiterpartei PKK war, versuchte »unser großer Führer Abdullah Öcalan« (APO1), mir die Persönlichkeit zu nehmen, die ich im Widerstand gegen die türkischen Haftbedingungen erworben hatte. Er ließ mich in Beugehaft nehmen, weil ich für demokratische Strukturen eintrat. Schließlich gelang mir die Flucht nach Europa, wo meine Frau, die wie ich stets an vorderster Front für die kurdische Sache gekämpft hatte, ebenfalls die Gefolgschaft von APO aufgab und sich mir anschloß. Jetzt leben wir in selbstverordneter Gefangenschaft, damit der Diktator uns nicht wegen unserer Kritik an ihm umbringen läßt. In unserer Zelle (Wohnung) im freien Europa haben wir kein Recht auf Besuche, und jeder Hofgang wird zu einem Wagnis, denn es gibt zu viele hörige Knechte des Despoten APO, der seine Killerkommandos auf uns angesetzt hat.

Wir denken nicht daran, in der Türkei um Gnade zu flehen. Der türkische Staat würde uns als führende Mitglieder (für ihn gehören wir zum - in Wahrheit nicht existenten - Zentralkomitee) der PKK vor Gericht stellen und entweder umbringen oder erneut für viele Jahre inhaftieren. Wir haben diesen Weg an die Öffentlichkeit gewählt, weil es noch Hoffnung gibt, daß der Widerstand des kurdischen Volkes sich in einer demokratischen Bewegung institutionalisiert. Zudem ist es höchste Zeit, auf Fehlentwicklungen innerhalb der PKK hinzuweisen, um für die Zukunft das Leiden zahlloser Unschuldiger zu verhindern. Der größte Teil dieses Buchs entstand, während ich mich im Libanon versteckt hielt. Ich wollte und will meinen Mitstreiterinnen zeigen, wie unsere Ideale dem Machthunger eines Diktators zum Opfer gefallen sind. Auch in Europa gibt es viele Menschen, die dem kurdischen Volk nahestehen, denen aber ein Teil der Realität nicht bekannt ist. Mit den in diesem Buch enthaltenen Informationen wird es vielleicht möglich, eine offene Diskussion über das weitere Vorgehen einzuleiten. Vielleicht fühlen sich dadurch auch andere Freunde, die bei unserem Führer in Ungnade gefallen sind, dazu ermutigt, über ihre Erfahrungen zu berichten, denn ich bin sicher, daß meine Erkenntnisse nur die »Spitze eines Eisberges« sind.

Ich möchte dem Sekretär des Roten Kreuzes im Libanon, Pascal Cut- tat, den Komiteemitgliedern Veronika und Marily Kohli, den Mitarbeiterinnen Faysal, Marie Rose, Christine, Hüseyin, Hadi und Muhsin, dem UNHCR-Vertreter für den Libanon, Salvatore Lom- bardo, meiner Rechtsanwältin Monika, dem Pfarrer der Maroniter Pierre Michel, dem internationalen PEN, dem deutschen PEN, der IG Metall, amnesty international, Hans Koschnick, Günter Wallraff und den vielen ungenannten guten Menschen danken, die mir halfen, als mein Leben in Gefahr war.

1 »APO« ist das kurdische Wort für »Onkel« und gleichzeitig die Kurzform von Abdullah.



Uber meine Kindheit

Das Dorf Tanzut, in dem ich 1954 geboren wurde, liegt im Tal des Flusses Murat, zwischen den Städten Palu und Gene gegenüber der Bahnstation Suveren. Das Dorf war der Kreisstadt Yamac angegliedert, aber die erschien uns Kindern weit entfernt. Die 150 Familien des Dorfes ernährten sich von Landwirtschaft und Viehzucht. Ich wuchs in Gärten voller Obstbäume auf, und als ich älter wurde, wagte ich mich auch abends an den Teich, in dem die Frösche und andere Tiere eine Musik machten, die mir noch heute wie ein Konzert in den Ohren klingt. Der fliegende Händler Huso, der mit zwei Kisten auf einem Esel in unser Dorf kam und von Nadeln und Strümpfen bis zur Rasiercreme alles feilbot, war unsere Verbindung zu den weltlichen Genüssen der Stadt. Bis auf das Öl für unsere Lampen und einige Hilfsmittel zur Herstellung von Kleidung hatte unser Dorf eigentlich alles, was es brauchte. Huso wurde in Naturalien, mit Hühnern, Eiern, Butter oder Weizen, bezahlt, so daß wir auch keine Vorstellung von Geld hatten. In unserer Sprache »Zaza«, einem Dialekt des Kurdischen, brachte der Händler mit dem mächtigen Schnäuzer die Frauen und uns Kinder oft zum Lachen.

Vom Imam des Dorfes hörten wir Kinder nur die Stimme, die vom Minarett der Moschee herab zum Gebet rief. Nur die Männer durften nach dem rituellen Waschen am Dorfbrunnen die Moschee betreten. Kindern und Frauen war das verboten. Manchmal berichtete unser Vater von dem, was in der Predigt erzählt wurde. Da wir mit dem Imam verwandt waren, besuchten wir ihn auch einige Male, und ich lauschte seinen Geschichten über die Kriege des heiligen Ali (ein Verwandter des Propheten Mohammed). Sie klangen wie die Märchen, die meine Großmutter erzählte, und ich war von dem Helden der Geschichten begeistert. Meine Kindheit war in vieler Beziehung von Märchen und Erzählungen geprägt. Meine Phantasien kreisten häufig zwischen Himmel und Hölle. Auch der Aberglaube hatte einen starken Einfluß auf die Dorfbewohner. Nicht nur mein Vater und meine Mutter ...

 




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