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Geiselbefreiung in Kurdistan


Auteur :
Éditeur : Edition S Date & Lieu : 1986, Vienne
Préface : Pages : 212
Traduction : ISBN : 3-7046-0055-5
Langue : AllemandFormat : 135x215 mm
Code FIKP : Liv. Ger. Hen. Gei. N°601Thème : Général

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Geiselbefreiung in Kurdistan


Geiselbefreiung in Kurdistan

Ferdinand Hennerbichler

Edition S

Ein kalter Herbsttag im November 1981. Drei Österreicher werden von kurdischen Freischärlern als Geiseln genommen. Es beginnt eine langwierige und abenteuerliche Befreiungsaktion, für deren Zustandekommen ein einziger Mann quasi im Alleingang verantwortlich zeichnet: Ferdinand Hennerbichler, Journalist, Diplomat und langjähriger Korrespondent im Nahen und Mittleren Osten. Unter wagemutigem persönlichen Einsatz und durch geschicktes Ausnützen aller verfügbaren Kenntnisse, Beziehungen und Kontakte gelingt es ihm, die Aktion zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.

Dieser spannende und auf Tatsachen beruhende Bericht einer heiklen grenzdiplomatischen Mission ist umso lesenswerter, als dabei die politischen, historischen und ethnischen Hintergründe eines seit langem schwelenden Konflikts schlaglichtartig erhellt werden. Authentisches Fotomaterial erhöht zusätzlich den dokumentarischen Wert dieses Buches.

Ferdinand Hennerbichler, Dr. phil., geb. 1946 in Linz als Sohn einer Arbeiterfamilie, Studium der Geschichte, Germanistik, Psychologie an der Universität Wien.

Von 1967 bis 1980 Mitarbeiter des ORF in der (ersten) Jugendredaktion und im Ressort Außenpolitik. Als Nahostkorrespondent u. a. Berichterstattung über den Bürgerkrieg im Libanon, über die Sadat-Reise nach Jerusalem, die Maena-house-Konferenz. Von 1978 bis 1980 mit Unterbrechungen Teheran-Korrespondent vor, während und seit der „Islamischen Revolution“ im Iran bis zum Ausbruch des Golfkrieges. Von 1980 bis 1985 im österreichischen Diplomatischen Dienst (London, Athen).

Ab 1976 jährliche Reisen nach Kurdistan, dabei auch „unzugängliche“ Gebiete bereist. Seit August 1985 Nahostkorrespondent (Wiener Zeitung, Neue Zeit/ Graz, ORF) mit Sitz auf Zypern.


DER AUFTRAG

8.12.1981
Wien, Allgemeines Krankenhaus
Fuad liegt im Sterben. Er hat Blut-Krebs, ausgelöst durch ein Hilfs-Serum aus den USA, gespritzt gegen chronisches Rheuma, — verursacht von Steinböden in Schluchten Kurdistans, vom Überleben im Freien, vom Kämpfen, damals in den 60er Jahren, im Bürgerkrieg der Kurden um Autonomie im Irak. Fuad ist Kurde, war, Peschmerga, Freiheitskämpfer, wollte, wenn schon, auf dem Schlachtfeld sterben. Habe es nur bis zum Sterbebett in einem Wiener Gemeinde-Krankenhaus gebracht, bedauert er, den Tod im Gesicht, die Wangen eingefallen, die Augen in finsteren Höhlen verkrochen, Ächzen in den Gliedern, der Körper verfallen zum Skelett, Blicke an letzte Hoffnung geklammert. Besuche Fuad. Vielleicht zum letzten Mal. Er ist einer meiner besten Freunde. Wo er mir empfahl, mich durchzuschlagen im Nahen Osten, hat mich nie eine Kugel getroffen.

Fuad fragt, vornübergebeugt, ob ich ihm einen letzten Wunsch erfüllen würde, bevor er sterbe. Sage zu. Meint, ob ich 3 Österreicher aus Kurdistan herausholen würde, Geiseln, vor etwa 3 Wochen von Unbekannten im Irak entführt, vermutlich von Kurden — zur Schande all seiner Landsleute. Österreich habe Kurden, immer nur geholfen1, habe seinem Volk nie etwas angetan, nie. Nun hätten Kurden erstmals auch Österreicher entführt, unschuldige Menschen, die nichts angestellt hätten. Diese Entführung wäre eine Schande, unerträglich für ihn, damit sterben zu müssen. — Ob ich einspringen würde? Ich wäre so etwas wie die letzte Hoffnung. Drei Wochen intensivster Suchaktionen, von der Polizei bis zur Diplomatie, hätten nichts gebracht, kein Ergebnis, nicht den geringsten Hinweis, nur Gerüchte, Nebel, Verwirrung, Rätsel. Keine einzige Spur. Die verschleppten Österreicher wären wie in einem schwarzen Loch verschwunden. Ihr Entführungsfall sei ohne Beispiel in der Geschichte.Ich könnte es doch versuchen, zumindest versuchen, wo doch bisher alle Stricke gerissen wären. Es gehe um Leben. Und um die Ehre.

Denke nach. Lange. Zögernd. Rufe meine Frau in Lon don an. Schweigen in der Leitung. Sie sagt — ziemlich leise —, ja‘, im Prinzip‘, vorerst einmal', wenn es sonst keine Chancen mehr gäbe, wir würden sehen. — Irak? Ob ich vergessen hätte, daß mich der Irak vor 5 Jahren aus Kurdistan ausgewiesen habe, als Nahostkorrespon dent, weil ich offensichtlich im zerbombten Kurdistan zu viel gesehen hätte. Dennoch, wende ich ein, habe der Irak letzten Endes meine Wahrheit ertragen, habe sie ohne allzu große Proteste hingenommen. Wie immer, argumentierte sie, ungewiß bliebe, wie sich der Irak nun verhalten würde, höchst ungewiß. Außerdem: die Sache wäre nicht ungefährlich. Aber, wenn ich es für notwendig hielte ...

Rufe Robert an, Sekretär im Außenministerium. Sage, er möge Außenminister mitteilen, daß ich notfalls für eine Befreiungs-Mission zur Verfügung stünde. Robert notiert meine Bereitschaft. Informiere auch Bundeskanzler Kreisky.

Treffe W. in Wien, alten Freund, — Kurde, Hausarzt, Nahost-Lexikon, niemandem verpflichtet', eigenwilliges Gewissen seines Volkes. W. ist entrüstet. Er habe zig-tau-send Schilling vertelephoniert, klagt er, habe rund um die Welt alle erreichbaren Kurden-Führer aufgestöbert, habe sie vergattert, sie, zusammengestaucht', ihnen die Leviten gelesen', pauschal, wegen der Entführung der 3 Österreicher, habe sie genötigt, sich zu entschuldigen, auf jeden Fall, und wer immer das schwarze Schaf gewesen sein möge, eine Nationalschande wäre das, widerlich, Unschuldige, Freunde zu verschleppen, ein Anschlag auf seine neue Heimat in Freiheit. Unfaßbar. Kontaktiere Omar, Auslandssprecher, Führungsmitglied der Patriotischen Union Kurdistans - PUK.

Omar ist verzweifelt, beteuert, es nicht mehr ausgehalten zu haben. W. habe ihn am Telephon genadelt, Tag für Tag, auch nachts, manchmal bis 3 Uhr morgens, habe ihn genötigt, dem österreichischen Außenminister ein Entschuldigungs-Telegramm zu schicken. Habe erschöpft aufgegeben und das Telegramm gesendet. Inhalt: Die Patriotische Union Kurdistans erklärt, mit der Entführung der 3 Österreicher nichts zu tun zu haben, Geiselnahmen zu verurteilen und selbst in der Vergangenheit nie Österreicher entführt zu haben. PUK sei es zwar nicht gewesen, entschuldige sich aber pauschal im Namen des kurdischen Volkes bei der österreichischen Regierung für die Geiselnahme, bedauere, keinerlei Informationen über den Entführungsfall zu haben, und sichere zu, alles in ihrer Macht Stehende zur Aufklärung beizutragen.

Robert ruft an, fragt, ob es bei den Kurden üblich wäre, daß sich die Falschen für Taten entschuldigten, von denen sie behaupteten, sie nie begangen zu haben. Oder was das PUK-Entschuldigungs-Telegramm überhaupt bedeuten könnte? Der Entführungsfall werde zunehmend verwirrender.

W, ist zufrieden. Omar wird von eigenen Leuten kritisiert.

15.12.1981
London
Robert teilt mit, Bundeskanzler Kreisky und Außenminister Pahr würden gerne auf meine Bereitschaft zurückkommen, für eine Befreiungsmission zur Verfügung zu stehen. Wollten wissen, wie ich im Detail vorgehen würde. Erläutere: 1. wolle Befreiungs-Aktion im Alleingang unternehmen, 2. dem Außenminister direkt unterstellt werden, um Ermüdungskämpfe mit der Bürokratie zu vermeiden, 3. die Geiseln lebend, gesund und möglichst schnell befreien, 4. mit Augenzeugen-Befragungen von vorne neu beginnen und 3. direkte Kontakte zu allen Kurdenführern persönlich aufnehmen. Robert checkt, ruft zurück, bestätigt, meine Vorstellungen würden grundsätzlich akzeptiert. Im Detail gäbe es aber Fragen: Ob ich das vor allem ganz allein machen müsse? Ob das letzten Endes nicht zu gefährlich wäre? — Beharre darauf: eine solide vorbereitete Einzelaktion sei meiner Überzeugung nach in der derzeitigen Situation die einzige Chance, die Dinge zu entwirren und in den Griff zu bekommen. Außerdem: jede Person mehr würde das Risiko nicht verringern, sondern verdoppeln. Die Probleme seien ausschließlich durch einen kleinen Stab von Verantwortlichen zu bewältigen. Alles andere wäre Inflation zur Potenz.
Robert holt letzte OK ein. Bedanke mich für Vertrauen.

London. Piccadilly.
Autoknäuel, Menschenströme unter Regenschirmen, Nieseln, Glitzer-Fassaden über Köpfen, grelle Neonwerbung schreit im Kreis, Lichter spiegeln im Asphalt, ewiger Brunnen, Windböen verwehen Wasserstäube, Wolken von Tauben flattern zum alten Nelson hinunter, Hasten über Gehsteige, Geschäfte schließen, Theater öffnen. Kaufe Notausrüstung fürs Überleben im Freien. — Hose, Stiefel, Anorak, Pullover. Keine Waffen. — Verkäufer sagt, liebe Österreich, sei als Besatzungssoldat dort gewesen, nach forty five, habe alte Nazis eingefangen, damn it, seither sei es bergauf gegangen, — mit ihm und mit Österreich, isn’t it?

Voitsberg, Steiermark
Rudolf Bauer GesmbH, Rohren- und Pumpwerk, Bewäs serungs-Anlagen. Verschaffe mir ersten Überblick über alle verfügbaren Informationen. Spreche mit Augenzeugen. Skizziere Tathergang:

Mittwoch, 25-11.
Bewässerungs-Projekt der Fa. Bauer im Nordirak, Baustelle in der Nähe des Dorfes Ain Kawah, etwa 15 km nordwestlich der Kurden-Hauptstadt Erbil. Vor Einbruch der Dunkelheit, ca. 17:00 Uhr. Letzter Baustellen-Trupp rückt in die Unterkünfte nach Erbil ein. 5 Mann in 3 Jeeps. Fahrabstand: ca. 5 Minuten, um im Straßenstaub nicht, zu verrecken1. 3 Mann — Otto Stern, Stefan Schmidt und Walter Brendinger — voraus in 2 Jeeps. 2 Mann Nachhut im 3- Jeep. Fahrgeschwindigkeit: gemütliche 50 km pro Stunde. Auf halbem Weg von der Baustelle nach Ain Kawah verschwinden die ersten beiden Jeeps hinter Bergkuppe Richtung
Dorf. Kommen plötzlich mit, Riesen-Geschwindigkeit‘, vielleicht 80 km/h über Stock und Stein1, zurück, Scheinwerfer aufgeblendet, reagieren auf Lichthup-Zeichen nicht, rasen an Schlußlicht-Jeep vorbei und werden von der Nacht verschluckt. Bleiben seither verschollen. Und? Nichts und. Das ist alles. Keine weiteren verfügbaren Fakten! Alles andere ist Spekulation.
Reaktionen: Augenzeugen finden Vorfall sonderbar, rätselhaft, höchst ungewöhnlich. Vermuten, Vorhut könnte zur Baustelle zurückgefahren sein, weil sie vielleicht etwas vergessen haben dürfte. Und die mörderische Geschwindigkeit, der waghalsige Fahrstil, die Nullreaktion auf Lichthup-Signale? Vielleicht erklärbar mit dem Sicherheitsrisiko in der Gegend und mit dem Zeitdruck, ohnehin schon verspätet zu sein und so rasch wie möglich einrücken zu müssen. Lange Pause. Fragezeichen. Zweifel. Mannschaft hätte bereits spätestens 16:00 bis 16:30 Uhr in den Quartieren in Erbil sein müssen. Laut Sicherheits-Vorschriften der irakischen Behörden. Ein paar Minuten zusätzliche Verspätung hätten, das Kraut auch nicht mehr fett gemacht‘.
Augenzeugen setzen Heimfahrt in die Unterkünfte Richtung Erbil fort.

19:00 Uhr. Vermißte erscheinen zu Einladung von Baustellenleiter für Abendessen nicht. Essen beginnt verspätet und endet um 20:30 Uhr.
21:00 Uhr Verdacht hartnäckiger-, die 3 Österreicher könnten abgängig oder in Unfall verwickelt gewesen sein. Baustellenleiter startet Suchaktion in Erbil. Telepho-
nate, Kontakte, Vorsprachen. Spitäler, Polizeiwachen, Privathäuser. — Keine Spur. Neue Zweifel. Depression rundum.

…..




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