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Zwischen Hammer und Amboss


Auteur :
Éditeur : Road-Verlag Date & Lieu : 1987, Basel
Préface : Pages : 422
Traduction : ISBN : 3-9071 83-05-3
Langue : AllemandFormat : 150x210mm
Code FIKP : Liv. Ger. Ahm. Zwi. N° 1203Thème : Général

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Zwischen Hammer und Amboss

Zwischen Hammer und Amboss

Yadi Ahmadi

Road-Verlag

Als 7-jähriger musste Yadi Ahmadi seine Schulmaterialien bereits selber auftreiben, in diesem Sinne war er schon damals produktiv.
Die 7-köpfige Famillie hatte Hunger, der Vater war invalid, die Mutter Hausfrau, die Brüder gingen zur Schule und die Schwester half zu Hause
Mit 14 (nach Primarschule/Beginn seiner politisch-kulturellen Untergrund- Tätigkeit) musste er die Schule verlassen: Kein Geld trotz enormen Öl-Exporten des Staates.
Als Hilfsmechaniker, Autoelektriker, Pneuflicker, Zimmermann, Maurer, Gipser, Schweisser, Strassenverkäufer und Autowäscher auf der Strasse aufgewachsen. Mit 18 leitete er eine eigene Autoelektrikerwerkstatt, zuerst in Teheran, dann in Kurdistan. Nach drei Jahren stieg er als selbstständiger Elektriker und Unternehmer auf den Bausektor um. Er nahm städtische- und private Aufträge für Wohnsiedlungen, Spitäler und Postämter in der Regio Kurdistan (Iran) an. Gleichzeitig arbeitete er im Selbststudium auf seinen Mittelschulabschluss hin, den er dann erfolgreich bestand. Mit 21 war er als Dolmetscher in einer amerikanisch-holländischen Firma (Page Company - Radar System Anlagen) tätig. Seit 1974 rund um die Welt unterwegs. Im Ausland als Elektriker, Gast-Koch und, und, und... überlebt. Seit 1979 in der Schweiz im Exil. Das Studium (Publizistik) unterbrochen. Zur Zeit als freier Journalist und Schriftsteller lebendig unterwegs.



ZU DIESEM BUCH

Als ich im Mai ’78 in die Schweiz kam, habe ich gewusst, dass die Schweiz ein Imperialistisches Land ist.

Ich habe gewusst, dass die Neutrale Schweiz vorallem dort finanzkräftig investiert, wo die höchste Propfitrate zu erwarten ist: In der 3. Welt. Dort, wo die steuerfreie Investition für die Aussenwirtschaft eine Quelle der Ausbeutung und folglich der Unterdrückung bedeutet. Es war mir bewusst, dass die Neutralität eine Form der Regierbarkeit ist, und gewiss kein Inhalt. Nur der innere Mechanismus bestimmt die oberflächliche Verwendung der Form.

Als ich in die Schweiz kam, hatte ich offene Augen und Ohren. Mir war klar, dass neben dem Schlechten auch Gutes existiert, dass nach einem Bergauf ein Bergab kommt. Dass die Kälte ohne Wärme und die Dunkelheit nur mit der Helligkeit zu verstehen ist. Also, dass es eine gute Schweiz gäbe und eine schlechte. Im Gegensatz zum grössten Teil der Flüchtlinge, die sich hierzulande einliefern liessen, habe ich im Flüchtlingslager (lies: offenes Gefängnis) die Geschichte der Schweiz, der Eidgenossenschaft studiert. Ich begab mich dorthin, wo die Kämpfe um ein besseres Sein oder Nichtsein in beispielhafte Schlachten mündeten.

Was uns im Flüchtlingslager als erstem Schritt zur Integration diktiert wurde (und wird), war nicht der grosszügige Eifer, uns die Sprache, die Geographie und die Geschichte beizubringen, sondern im Gegenteil, die Lagerleiterin stifftete Zwiespalt, Misstrauen und Rassismus: Osteuropäer gegen uns aus der 3. Welt; Tschechen gegen Slovaken; usw. Als ich zufälligerweise in die Schweiz kam, hatte ich nicht die geringste Ahnung, dass ich eines Tages eine Klageschrift über die unmenschliche Lage der Ausländer und Ausländerinnen im viel gelobten Land mit der Politik der Grosszügigkeit der ins Auge stechenden Humanität schreiben würde. Die schweizerische Wirklichkeit war die Antriebskraft für meine Beobachtungen, Erfahrungen und Erlebnisse. Hie und da wird uns Entgegenkommen gezeigt, allerdings nur dann, wenn der Asylant oder die Asylantin sich informiert und sich vehement für ihr Anliegen einsetzt. Jedoch braucht es immense Kraft zur Erlangung eines Zieles, der Erfolg ist eher eine Sonderfall als die Regel (Wohnungsbeschaffung..., gerechte Lohnabrechnungen..., faire Mietzinse..., Rechtshilfe...). Es ist unter diesen repressiven Umständen schwer vorstellbar, dass die Ausländer und Ausländerinnen sich frei für ihre Interessen einsetzen. Die von progressiven Einheimischen ins Leben gerufenen Hilfsaktionen für unsere Sache ist ein Akt der allgemeinen Betroffenheit. Wenn wir die Ausländerfrage (und Asylpolitik) als demokratisches Thermometer betrachten, dann können wir leicht über die klimatische Kälte oder Wärme des Gastgeberlandes objektiv Bilanz ziehen. Mann/frau kann sich nur die Lage der Schweizer Ausländer und Asylpolitik mit der in Schweden, Österreich, Holland etc... vergleichen. Siehe Abschnitt «Karrikatur eines Beispiels»)

Wenn die Aufgabe der Literatur nicht stillschweigende Beobachtung, sondern die Vermittlung ist, dann ist es meistens eine kritische Betrachtung die Diskussion erregt. Da ich mich als Mitglied eines von den Weltwirtschaftskonzernen entrechteten Volkes (neben anderen Völkern) einstufe, da ich aufgrund der vom Weltimperialismus geschaffenene Völkerberaubung- Mord und Verfolgung mein Dasein verlängert habe, bin ich gar nicht gewillt, mich von der ursprünglichen Aufgabe ablenken zu lassen. Die schweizerische Wirtschaft nimmt einen beträchtlichen Anteil an dieser Ausplünderung, Verfolgung und diesem Völkermord gegen die Völker der 3. Welt ein. Dies genügt, dass ich der Schweiz die erwünschte Lobpreisung nicht widmen kann. Es gibt genügend Lobpreisungen die gut bezahlt werden. Meine Klageschrift (stellvertretend für Nicht-Europäer - Fremde) wird eher mit mehr Export von Militärgütern an Irak, Iran, Süd-Afrika und Kredite an die Türkei belohnt. Es besteht deshalb kein Anlass für uns, den bedingten Asylentscheid als Handschellen zu ertragen.

Funktion der dekorativen Hilfswerke

Wenn die Krise von Kopf bis Fuss fieberhaft anzuschwellen droht, dann ist der rettende Arzt genauso erkrankt wie der Patient. Die einst im Sinne der Solidarität, im Zuge der echten Humanität ins Leben gerufenen Hilfswerke praktizieren heute eine Funktion der Polizeikontrolle anstatt Solidarität, ein Hemmniss anstatt ein Helfer im wahrsten Sinne des Wortes. Die dekorativen Hilfswerke Caritas und Rotes Kreuz sind eher ein Bestandteil der polizeilichen Kontrolle, ein Anhängsel der restriktiven Asyl- und Ausländerpolitik i geworden. Ihre Windzeiger drehen sich mit dem Wind aus Bern. Sie sind eher ein bevormundeter Organismus der fremdenfeindlichen Politik, und daher sind sie inkompetent, den Bedürftigen eine heilende Hand zu reichen. Die Erfahrungen der letzten Zeit mit den annerkanten und nichtannerkanten Asylanten und Asylantinnen bewahrheiten die Bevormundungsthese. Die «Fortschritlichste» unter denen, das Schweizerische Arbeiterhilfswerk (SAH), geht soweit, dass die eigenen, langjährig engagierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rausgeschmissen wurden.

Die Stimmungsmacher

Die triumphalen Erfolge der Schweizer Faschisten, die Nationale Aktion (NA), bei den letzten Wahlen im Winter 86 in Genf, Zürich und Basel... und deren Vermehrung im christlichen Sinne haben die alte Taktik wieder abgestaubt. Wenn ihre Bundesgenossen und Vorreiter jenseits der Grenzen mit «Überfremdung» und «Aussterben der Deutschen Rasse» und ebenso der Französischen Rasse (Ihr Armen!) so viele Leute zur Urne lenken können, dann haben die NA-ler auch erfolgreiches Konzept zum Nachahmen. Heute sind nicht mehr Juden und Zigeunerl, sondern Ausländer und Ausländerinnen bestimmter «nichteuropäischer» Kulturgruppen (so der Basler NA Präsident Rudolf Keller) Zielscheibe und Alibi. Wenn Afrikaner, Asiaten, Südamerikaner hierzulande eine fremde Kulturgruppe, im Klartext «Wegwerfmenschen», verkörpern. Aber warum schmückt ihr dann eure Museen und Privatsammlungen, eure besten Reiseerinnerungen mit Skulpturen und Malereien der sogennanten 3. Welt? Gewiss die dekorativen Sammlungen hinter versiegelten mit modernen Alarmanlagen versicherten Kulturgegenstände sind da, um eure durchlauchte Kulturgier (!?!) zu befriedigen. Der geistige Stillstand der materiell Reichen, schwarzen Geier beschuldigt uns als Fremde und geben dann Milliarden aus, um sich als sachverständige Kulturkenner auszugeben. Die Ausländer und Ausländerinnen der 3. Welt sind im Grunde nur ein Alibi, denen von vorheirein ihr Mitspracherecht vorenthalten wird, um aus dunklem Wasser ihre Beute zu fangen. Wir Ausländer und Ausländerinnen (lies: Nichteuropäer) haben eine Funktion als Katastrophenalarm: Die Revision der bislang lukrativen Ausländer und Asylpolitik ist der Eintrittspreis für den aktiven Abbau der demokratischen Rechte. Wenn die erste Attacke des Bürgertums gegen Fremde ohne nennenswerten Widerstand durchgeführt wird, dann ist die Zeit als günstig einzustufen, um gegen die übrigen demokratischen Errungenschaften loszuschiessen.

Wir Ausländer können in Kriegssituation und Verfolgungsklima zu überleben. Was tut ihr aber, wenn vermehrt sich die Medieninformation (Manipulation?) nach Inserenten (Banken, Industrie...) mit Hardware einprogrammieren lässt? Als doppelschneidige Politik nehme ich die praktizierenden Einschränkungen wahr, der sowohl uns politische Asylanten und Asylantinnen als auch euch Oppositionelle betrifft. Darum ist es angebracht den Eintritt ins Stadium der Ohnmacht mit Wachsamkeit zu verweigern.

Wer aus der Geschichte nicht gelernt hat, der kann sich morgen nicht als «Unschuldiger» (habe nichts gewusst) ausgeben. Alle sind im Wohlfahrtsstaat mitbeteiligt, ob als Metzger, Hausfrau oder Professor.

Wir sind die Fische am Hacken des Fischers. Mit uns wird im dunkeln Wasser der Haifisch der Macht angelockt. Er wird lebendig gefangen. Sein zukünftiges Futter sind die nicht angepassten Bürger und Bürgerinnen im Sozialstaat. Das vorliegende Buch ist aus den persönlichen und indirekten Erlebnissen hervorgengen, welche ein Musterbeispiel darstellen. Dennoch bestreite ich strikt die Personalisierung der Frage und gehe davon aus, dass die Praxis des Sozialstaates nicht allein für mich die Gültigkeit einräumt, sondern allgemein gültig sind.

Dass es neben der inhumanen Schweiz auch eine andere Schweiz gibt, ist Tatsache
Wir Fremden, die einer anderen Lebensweise mit ihrer Vielfalt angehören, sind Fremde soweit wir uns alles gefallen lassen. Wir sind die Stimmungsmacher/innen, wir sind diejenigen, die etwas Farbe und Vitalität in eure verbetonierte, verseuchte, monotone Welt gebracht haben. Wenn es darum geht, das Leben in Harmonie zu verbringen, dann müsstet ihr zuerst damit anfangen, die Wachstumsopfer in ihrer geringen Zahl zu akzeptieren. Wir sind es nicht die «Huren-Ausländer», «Ausländer raus» rufen die Türen schliessen und sich in ihre Eierschale zurückziehen.

Wir sind zusammen miteinander die Schweiz, eine Schweiz, die zuerst offenherzig ist, wo zuest Menschenwürde kommt und dann erst Geschäft. Jene Schweiz, die einen kleinen Prozentsatz ausmacht, ihr aber mit grosser Kühlheit im Kapitel der Harmonie und Toleranz den guten Namen einträgt. Ich bin mir der Entschlossenheit der kleinen Schweiz sicher, die ihr auf dem langen Marsch durch die dunklen Wälder der Gegenwart über Egoismus und Unwürde zur Harmonie und Offenheit führen wird.

Die Freude, klein aber hochmütig, die wir Betroffenen hinter uns haben, sind ein Garant dafür, dass unsere Sache und der Kampf um sie zu rechtfertigen sind ist.

Ich bin mir sicher, dass es noch schlimmere Erlebnisse gegeben hat oder geben wird, und da ich zu meinen Worten und Taten stehe, rufe ich alle auf, mir ihre Kritik und Erlebnisse zuzuschicken, um damit in einem zweiten Band die Problematik sachlicher zu bearbeiten.

Yadi Ahmadi



Das Land der Gerechten

Als ich mit meinem italienischen Begleiter im Schweizer-Konsulat in Milano eintraf, war es 11 Uhr. Ich besass einen gefälschten iranischen Pass, der lediglich 6 Monate gültig war. Im Saal des Konsulats warteten ausschliesslich Ausländer, einige Iraner, geschminkt und gekleidet, als ob sie zu einer Hochzeit eingeladen wären. Der lästige Duft des Parfüms kitzelte in unseren Nasen, und wir niesten drei-, sogar viermal ununterbrochen: «Porco cane, mi fa schifo», beklagte sich mein italienischer Begleiter und Freund. Er war ein Junge aus dem Süden, frühreif und Träger der familiären Last. Er arbeitete schwarz in einer Schreinerei. Er war für die Ostertage nach Sizilien zurückgekehrt und hatte dreitausend Franken aus sieben Monaten Schwarzarbeit mit heimgenommen. Mit gutem Gewissen hatte er von einer besseren Stelle geträumt. Ich sprach gebrochen Italienisch mit ihm, es reichte, damit wir uns ohne besondere Erklärungen verstanden. Früher, als ich mit 13 von Zuhause in die Fremde ging, hatte ich einen taubstummen Freund gehabt, mit dem ich wärend meiner dreijährigen Freundschaft kein einziges Wort gesprochen habe; verstanden haben wir uns jedoch blendend. Später wurde er für fünf Jahre ins Gefängnis gesteckt, weil er mit einer Bande von Dieben verwickelt war. Ich wartete hinter zwei anderen Antragstellern vor dem Schalter und studierte die Gestalt Dinos. Er erinnerte mich, mit seinem spontanen Auftreten, seinen flüchtigen Blicken und dem plötzlichen Entspannen an den obenerwähnten Freund.

Ich trug meine Haare kurz und hatte einigermassen angepasste Klamotten an. Innerhalb von ein paar Minuten, in einem Meter Distanz zum Schalter, zogen etliche Erinnerungen an meinem inneren Auge vorbei, so wie ein Stummfilm: Ein loyaler Prister hatte jeden Donnerstagabend mit besonderem Enthusiasmus am Radio von seinem Spitalaufenthalt in der Schweiz erzählt: «Als ich mich nach meinem viertägigen Spitalaufenthalt umschaute, sah ich einen alten, steinigen Bau. Zuerst dachte ich, es sei ein Museum, oder sogar ein Ministeriumsbau, dann fragte ich, um mich zu vergewissern. Die Schwester antwortete, es sei das Bezirksgericht. Das Haus stand in einer ruhigen Ortschaft: seit ich da war, …




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