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Hasankeyf und Seine Zukunft


Auteurs : |
Éditeur : Institut für Kurdologie Date & Lieu : 2007, Wien
Préface : Pages : 176
Traduction : ISBN : 3-902185-10-4
Langue : AllemandFormat : 135x210 mm
Code FIKP : Liv. Ger. Jal. Has. N° 1988Thème : Général

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Hasankeyf und Seine Zukunft

Hasankeyf und Seine Zukunft

Jalile Jalil
Birgit Cerha

Institut für Kurdologie

Die meisten der bekannten ältesten Siedlungen der Menschheit liegen nicht weit vom Ilisu-Gebiet entfernt.... Daß am Tigris noch nicht solche Siedlungen gefunden wurden, liegt höchstwahrscheinlich daran, daß hier praktisch nocfvkeine Ausgrabungen durchgeführt wurden. Nur ein kleiner Teil des Ilisu-Gebietes— 7000 von 37000 Hektar - wurde untersucht. Allein hier wurden 208 archäologische Fundstätten erfasst. Und in nur 14 Fundstätten werden/wurden bisher Ausgrabungen durchgeführt.



VORWORT

Lange sprach man in der Türkei vom “Wunder des Jahrhunderts”: Güneydogu Anadolu Projesi, (Südostanatolisches Projekt), GAP genannt, ist in seiner Art fast einzigartig in der Weit, Es ist nicht nur das größte türkische, sondern auch im internationalen Vergleich eines der ehrgeizigsten und umfangreichsten Infrastrukturprojekte, Mit Hilfe von Staudämmen und Wasserkraftwerken wollen die Initiatoren von GAP die trostlose Steinwüste Südostanatoliens, des seit vielen Generationen total vernachlässigten, bitterarmen Landesteils, in einen “Garten von Eden“ verwandeln. Nord-Mesopotamien, das Gebiet, in dem die großen Ströme Euphrat und Tigris entspringen, soll neu erblühen. Früchte, Obstgärten, Baumwollpiantagen sollen aus der trostlosen Dürre sprießen. GAP soll schließlich und vor allem auch dem Rest der Türkei den für die wachsende Industrialisierung so dringend nötigen Strom liefern. Neun Dämme wurden bisher fertiggestellt und in Betrieb genommen. Andere sollen folgen. Zu ihnen zählt der Ilisu-Damm, eines der weltweit heißestumstrittenen Projekte seiner Art.

Schon vor zwei Jahrzehnten wurde der Ilisu-Damm geplant. Doch seine Verwirklichung scheiterte bisher stets an massivem internationalen Widerstand. Erst vor vier Jahren brach ein internationales Konsortium unter britischer Führung, mit schweizerischer, schwedischer und italienischer Beteiligung wegen allzu großer Bedenken über die politischen, sozialen, ökologischen und friedenspolitischen Folgen auseinander. Die Weltbank hält sich aus diesen Gründen seit je aus den GAP-Projekten heraus.

Die Tatsache, daß es der Türkei dennoch gelang, ein neues internationales Konsortium unter Führung der österreichischen Firma “Andritz - VAT-Tech Hydro“ für den Bau des Ilisu-Staudammes zu gewinnen, hat Diskussionen neu belebt. Sie werden oft sehr emotional geführt, geht es doch um Energie und Fortschritt einerseits, die Zerstörung der Umwelt, der Geschichte, der Kultur, der Identität von Menschen, vor allem der Kurden, um Leben und Existenz von Tausenden. Um diese Diskussion mit objektiven Fakten anzureichern, hat das “Institut für Kurdologie - Wien“ am 1. Dezember 2006 an der Universität Wien eine Konferenz zum Thema “Todesurteil für einen Kulturschatz - Hasankeyf und seine Zukunft“ veranstaltet. Der Byzantinist Prof. Dr. Werner Seibt übernahm dabei die “Einführenden Worte“, in denen er auf die Grundproblematik der Zerstörung von Kulturlandschaften durch infrastrukturelle Großprojekte 'einging und sich auch mit der Geschichte und Kultur der vom geplanten Ilisu-Stausee betroffenen Region befaßte. Der Historiker und Kurdologe Prof. Dr. jalile Jalil sprach zum Thema “Hasankeyf - ein Schatz frühester Menschheitsgeschichte“. Er illustrierte in seinem Referat die enorme Bedeutung der alten Stadt Hasankeyf, sowie der gesamten Region für das Selbstverständnis der Kurden. Die Journalistin und Nahost-Expertin Birgit Cerha ging der Frage nach: “Der Ilisu-Staudamm - Fortschritt oder Zerstörung?“ und beleuchtete dabei die Chancen, die dieser Damm durch seine Energiegewinnung für die industrielle Entwicklung der Türkei eröffnet und den Preis, der dafür von Tausenden Menschen in der betroffenen Region zu zahlen wäre. DI Ulrich Eichelmann, Wasserexperte des WWF, sprach über “Der Ilisu-Staudamm - Gefahr für die Umwelt“ und die Juristin Mag. Dr. Christina Binder, Assistentin am Institut für Völkerrecht der Universität Wien, befaßte sich mit dem “Ilisu-Projekt aus völkerrechtlicher Sicht“.

Das “Institut für Kurdologie“ entsandte zudem im Februar zwei Mitglieder nach Südostanatolien, die die aktuelle Situation im Ilisu-Gebiet studierten. Ein Bericht dieser Reise ist diesem Buch am Ende angeschlossen. Das Institut hofft, durch diese Publikation Informationen zu präsentieren, die eine objektive Analyse der Problematik des Ilisu-Staudamm -Projekts, seiner Vor- und Nachteile erleichtern.

Was ist GAP?

Bis heute halten türkische Planer GAP für den Schlüssel zum wirtschaftlichen Aufschwung des nördlichen Mesopotamiens und als lebenswichtige Komponente, um den wachsenden Durst des gesamten Landes nach Energie zu stillen.

Ein klein wenig hofften die “Gründerväter“ des GAP, der langjährige türkische Premier und Präsident Süleyman Demirel, der sich als Hydrologie-Ingenieur den Spitznamen “König der Dämme“ erworben hatte, sowie der Bewässerungs-Ingenieur Turgut Özal, der ebenfalls die Ämter des Premierministers und Staatspräsidenten erklommen hatte, wohl auch, daß das in Südostanatolien beheimatete kurdische Volk von diesem Projekt “profitieren“ würde. Seit Generationen von türkischen Wirtschaftsplanern vollends ignoriert, müssen die Kurden bis heute ein Dasein in beispielloser Rückständigkeit fristen. Vor allem Özal träumte nach eigenen Worten davon, daß GAP Menschen, die in Scharen seit Jahrzehnten der Armut in die Metropolen West-Anatoliens entflohen, in großer Zahl heimziehen würde, weil es die trostlose Steppenlandschaft Südostanatoliens in fruchtbare Gärten verwandeln und damit neuen Wohlstand schaffen würde. So würde der Türkei das auch im internationalen Vergleich Einmalige gelingen: nicht nur ein Stopp, sondern eine Umkehr der Landflucht, die im Staate Atatürks solch enorme Probleme schuf und bis heute schafft. Immer noch wachsen die Gecekondos, die Elendsviertel, an den Rändern der Großstädte wie Krebsgeschwüre, riesige Slums mit Verzweifelten ohne Arbeit, ohne Schulen, ohne Hoffnung. Die Menschen würden zurückströmen in dieses neue türkische Kalifornien, so die Visionen der Herrschenden in Ankara.

So heißt es in der offiziellen Homepage des GAP: Hauptziel der türkischen Staudammpolitik sei, “das Einkommensniveau und den Lebensstandard der im Südosten der Türkei lebenden Bevölkerung zu erhöhen und dadurch das Entwicklungsgefälle zwischen Südostanatolien und den anderen Regionen auszugleichen.“
Die Wasser- und Staudammprojekte des GAP erstrecken sich über den türkischen Teil des Euphrat-Tigris Beckens entlang der syrischen und irakischen Grenze im äußersten Südosten der Türkei. Mit insgesamt neun Provinzen (Adiyaman, Batman, Diyarbakir, Gaziantep, Kilis, Mardin, Siirt, Sanliurfa, Schirnak) umfaßt GAP ein Gebiet von ca. 74.000 km’, das sind 9,7 Prozent des türkischen Staatsterritoriums. Die große Mehrheit der Bewohner dieses Landesteiles sind Kurden, von denen 70 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt sind, die 44 Prozent des Bruttosozialprodukts der Region ausmacht.

Ziel von GAP ist es, die reichhaltigen Wasserresourcen nutzbar zu machen. Bei seiner Vollendung irgendwann in den nächsten 15 bis 20 Jahren soll GAP ein Netz von 22 Staudämmen, 19 Wasserkraftwerken, 25 Bewässerungskanälen, zahlreichen Bewässerungssystemen und rund eintausend Kilometer Kanäle umfassen. 28 Prozent des gesamten türkischen Wasserpotentials würden damit reguliert. Zwei Millionen Hektar (kurdischen Landes vor allem) - eine Fläche von mehr als der halben Größe Belgiens - könnten durch dieses System bewässert werden. Mit dem Bau dieses Staudammnetzes schafft sich die Türkei auch ein Monopol bei der Wasserversorgung Syriens und des Iraks, da der Euphrat 80 Prozent des syrischen Wasserbedarfs liefert und beide Ströme 65 Prozent des irakischen.

27 Mrd. Kilowattstunden Strom sollen durch das Dammsystem erzeugt werden, um damit 22 Prozent des stark wachsenden Gesamtbedarfs der Türkei an Strom abzudecken. Damit soll die fort-schreitende Industrialisierung des Landes ermöglicht werden. GAP soll die bewässerte Landfläche der Türkei um 40 Prozent vergrößern, die türkische Produktion von Gemüse um 40 Prozent erhöhen, jene von Baumwolle um 300, von Weizen um hundert und Gerste um 40 Prozent. Die Exportkapazität der Türkei soll auf diese Weise entscheidend gestärkt werden. 3,8 Millionen Menschen würden - so die Visionen der türkischen Planer - neue Arbeit finden, das Pro-Kopf-Einkommen der Region würde um 209 Prozent steigen. Insgesamt soll GAP nach Kalkulationen der türkischen Planer 32 Mrd. Dollar verschlingen. In Wahrheit dürften es weit mehr sein.

Nach Fertigstellung von GAP sollen innerhalb der Türkei je etwa 50% der ca. 750 km Fließstrecke des Euphrat und der ca. 325 km des Tigris in Standgewässer umgewandelt sein. Die Ökosysteme werden damit gravierend verändert.
Schon bis heute mußten mehrere hunderttausend Menschen den bisher verwirklichten neun Staudammprojekten weichen.1 Sie haben damit “ihre Lebensgrundlage und die Möglichkeit zur eigenständigen Existenzsicherung verloren“.2 Dasselbe Schicksal erlitten auch jene, die in der weiteren Umgebung der Staudämme wohnen. Sie verloren einen wichtigen Lebensunterhalt, das Fischen. Denn in den Stauseen sammeln sich die Abwässer der Städte und der Landwirtschaft. Die Fischpopulationen können nicht überleben.

Das Herzstück des GAP sind die Staudämme, von denen neun bisher in Betrieb genommen wurden. Der größte ist der Atatürk-Damm, der zugleich der fünftgrößte der Welt ist. Der Ilisu-Staudamm soll das nächste Schlüsselprojekt des GAP werden, das ein neues Konsortium unter Führung der österreichischen “Andritz VATech Hydro“ in Angriff nimmt. Das neue Projekt weist trotz Nachbesserungen an Umweltverträglichkeit und Umsiedlungsplänen immer noch gravierende Defizite auf. “Die AG Friedensforschung an der UNI Kassel“ wertet das Ilisu-Projekt als ein Lehrstück für die Beharrlichkeit, mit der eine verfehlte Energiepolitik trotz des Wissens um die katastrophalen Folgen fortgesetzt wird. Arif Arslan vom Komitee zur Rettung der Stadt Hasankeyf klagt: “Leider wird dieser Damm seit 50 Jahren immer wieder auf die Tagesordnung gebracht, es scheint, als gäbe es da irgendeine verdeckte Hand.“

Der Ilisu-Damm stellt einen weiteren Superlativ im Rahmen des GAP dar. Von Hasankeyf bis nach Cizre an der syrischen Grenze legt der Tigris noch etwa 45 km zurück. Hinter Cizre markiert der Verlauf des Stroms zunächst die syrisch-türkische, dann die syrisch-irakische Grenze, um bald ganz in den Irak einzudringen. Ein großer Teil dieses Gebietes zwischen Hasankeyf und Cizre soll in den Fluten dieses Stromes untergehen. Zu diesem Zweck soll ein 110 km langer und 135m hoher Damm gebaut werden, der den Tigris auf einer Breite von fast zwei Kilometern aufstauen soll. Der dadurch entstehende See wäre mit einer Fläche von 313 km3 fast so groß wie der italienische Gardasee. Er soll ein maximales Fassungsvermögen von 10,4 Mrd. m' erhalten.

80 Ortschaften sollen ertränkt werden. Mit der Überflutung von Gärten und Auengehölzen, Weiden, Wiesen und Feldern ginge eine einzigartige Kulturlandschaft verloren. Die türkischen Planer behaupten, sie wollten durch das Ilisu-Projekt fruchtbares Land gewinnen. Doch sie vernichten damit zugleich 6000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche. 54.762 Menschen sind direkt betroffen.3

Insgesamt müssen nach offiziellen türkischen Angaben rund 15.000 Bewohner des Ilisu-Staudamm-Gebietes umgesiedelt werden, etwa etwas mehr als 32.000 Menschen aus 9] Siedlungen seien durch Landverlust direkt betroffen, würden aber nicht ihre Häuser oder Wohnungen verlieren. Zusätzlich haben noch 7.500 Menschen, die nicht in der Region leben, Anspruch auf Entschädigung.4

Hauptfunktion des Damms ist Energiegewinnung. Ein Kraftwerk soll eine Stromerzeugung von 3.800 Gigawatt-Stunden (im fahr) garantieren. Das Projekt wird auch den Bau des Cizre Damms ermöglichen, durch den zusätzlich noch 120.000 m2 Land bewässert werden sollen.
Obwohl die Finanzierung des auf 1,2 Mrd. Euro veranschlagten Projekts zu jenem Zeitpunkt noch nicht gesichert war, hat der türkische Premier Erdogan im August 2006, ungeachtet heftiger Proteste aus der lokalen Bevölkerung, demonstrativ den Spatenstich gesetzt und damit die Entschlossenheit des Staates dokumentiert, den Ilisu-Damm, trotz aller Widerstände, zu bauen. Nach gegenwärtiger Planung soll das Projekt 2013 fertiggestellt sein. Es soll nach den Worten Erdogans beweisen, daß “wir den Südosten nicht länger vernachlässigen. Dieser Damm wird der lokalen Bevölkerung große Vorteile bringen.“ Doch die meisten Menschen in der Region bleiben skeptisch.

Flußtäler sind seit Jahrtausenden das bevorzugte Siedlungsgebiet von Menschen. Die Flüsse selbst bergen in ihrem Bett eine lange Geschichte, die bis in prähistorische Zeit zurückreicht, eine Geschichte von Reisen, Transporten, Handel, Ritualen, Leben und Tod. Armeen überquerten sie und kämpften blutige Schlachten an ihren Ufern. Im Verständnis vieler Völker gelten Flüsse als heilig. Der Glaube an die Macht und die Geheimnisse dieser Gewässer schuf einen reichen Schatz an Mythen und Legenden.

Die türkischen Behörden haben bis heute der Bedeutung der Flüsse für die Kontinuität menschlicher Gemeinschaften, für das feste Band zwischen Vergangenheit und Gegenwart kaum Bedeutung geschenkt. Ebensowenig beachteten sie die Spuren blutiger Konflikte der jüngeren Vergangenheit, die im Boden der Flußtäler verborgen liegen. So bestätigten Menschenrechtsaktivisten jüngst, daß im Ilisu-Gebiet zahlreiche Gräber von “Verschwundenen“ des Krieges gegen die Kurden der 80er und 90er Jahre liegen. Physische Beweise für die Zerstörung bleiben in den von den Regierungsstreitkräften evakuierten und häufig niedergebrannten oder gesprengten kurdischen Dörfern verborgen, die nun für immer unter Wasser gesetzt werden sollen. Zudem war Hasankeyf eine wichtige Zwischenstation für die Deportation von Armeniern nach Syrien in der Zeit des Genozids 1915/16.

Spuren der jüngsten Geschichte, ebenso wie Beweise für die komplexen ethnischen Ursprünge verschiedener Völker, die in diesem Gebiet lebten, der Kurden, Armenier, der Araber, Assyrer und auch der Türken, drohen für immer verloren zu gehen.
Die GAP-Projekte wurden im Laufe der Jahre erweitert, mit dem Ziel, nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. So sollen Schulen, Straßen, Gesundheits-, Wohn- und Kulturzentren gebaut werden. Projekte zur Förderung von Frauen und des Tourismus sind ebenfalls geplant. Doch angesichts der bisherigen Entwicklung erscheint es vielen höchst fraglich, ob die Bekämpfung der bitteren Armut in Südostanatolien tatsächlich eines der wichtigsten Ziele von GAP ist.
Sobald der Bau des Ilisu-Damms in Angriff genommen ist, will die Türkei als nächstes mit der Errichtung von acht Dämmen an den Flüssen Munzur, Harcik und Mercan in der Provinz Tunceli (Kurdisch-Dersim) und anschließend drei weitere am Großen Zap-Fluß in der Provinz Hakkari beginnen. Das gesamte betroffene Gebiet leidet nicht nur unter gigantischen ökonomischen und sozialen Problemen aufgrund traditionell gravierender Vernachlässigung durch die Zentralbehörden. Es ist bis heute auch Zentrum des Konflikts zwischen dem kurdischen Volk und den Herrschern in Ankara, eine Region, in der bis vor kurzem Kriegsrecht herrschte, und in der das Militär auch heute wieder Aktionen setzt, um die kurdische Bevölkerung einzuschüchlern.

Zahlreiche internationale Nicht-Regierungs-Organisationen sind davon überzeugt, daß der Bau des Ilisu-Dammes im politischen, sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich fatale Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Die Stauseen des GAP-Projektes haben bis heute eine große Menge archäologisch und historisch bedeutsamer Stätten zerstört. Dem Atatürk-Stausee im Euphrat sind schon die Hauptstadt des Komagenereiches Samsat und die 9000 Jahre alte, frühneolitische Siedlung Nevali Cori zum Opfer gefallen. Der Birecik-Stausee am Euphrat verschlang die 300 v. Chr. von Seleukos Nikator, einem der Generäle Alexanders des Großen, errichtete Stadt Zeugma. Zahlreiche weitere bekannte und unbekannte Stätten gingen in den Stauseen unter.5 Die überfluteten Kulturgüter haben hohe Bedeutung insbesondere für die in diesem Gebiet seit Urzeiten lebenden Kurden. Sie verlieren mit ihnen einen wichtigen Teil ihrer Geschichte und ihres kurdischen Selbstverständnisses. Ihre Vertreibung aus ihren Heimatgemeinden führt zu einer gravierenden kulturellen Entwurzelung.

Auch der Ilisu- und die anderen geplanten Dämme werden wichtige Beweise der gemeinsamen Geschichte der Menschheit in den Fluten begraben. Eine ungeahnte Zahl von archäologischen Stätten werden nicht mehr rechtzeitig gerettet werden können. Zu den dramatischen Folgen für die lokale Bevökerung gesellt sich das bedrohliche Risiko internationaler Konflikte um den in dieser Region als Folge des Klimawandels immer stärker schwindenden Lebensquell Wasser.

1 Verläßliche Zahlen, wieviele Menschen im GAP-Gebict bisher aufgrund der Staudamm Bauteil vertrieben oder umgcsicdclt wurden, gibt es nicht.
2 Siehe “Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung“ (WEED): “Der Ilisu-Staudamm: Kein Erfolgsprojekt“, November 2005
3 Jüngste Überprüfung der Zahlen durch das türkische lüiergieniinisleriuni, die darauf hinweisl, dass die vielfach kursierende Zahl von rund 78.000 direkt durch den Staudamm Betroffenen veralterl sei.
4 Bericht des türkischen Hnergieminislcriums 2007.
5 Weed: “Der Ilisu-Slaudamm: Kein Erfolgsprojckt“

Hasankeyf
Einführende Worte

Werner Seibt

Mir fiel die ehrenvolle Aufgabe zu, dieses vom Institut für Kurdologie organisierte Symposion zu eröffnen. Ich darf Sie zunächst alle sehr herzlich begrüßen und meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, daß die mit der Problematik des geplanten Bauwerkes am Oberlauf des Tigris verbundenen Fragen seriös und objektiv, ohne unnötige Polemik reflektiert und dargelegt werden, eben der akademischen Würde angemessen, und wir am Ende bereichert die Veranstaltung verlassen können.

Es bedeutet eine besondere Auszeichnung für diese Veranstaltung, daß uns S. Exzellenz Erzbischof Krikorian die Ehre seiner Anwesenheit gibt - wir dürfen ihn mit geziemender Hochachtung willkommen heißen.

Dass dieses Symposion an der Universität stattfinden kann, wird der freundlichen Intervention des Ordinarius für Indogermanistik, des berühmten Sprachwissenschaftlers Prof. Eichner, verdankt; auch wenn er heute dienstlich im Ausland weilt, begleiten uns seine besten Wünsche.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, große und kleinere Bauwerke kosten Kraft und Mühe, Geld und Schweiß, manche bringen vielen Segen, andere bringen nur einigen Gewinn, der Mehrheit jedoch Schaden, egal ob für Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende gebaut wird bzw. wurde. Auf der einen Seite stehen die Weltwunder, antike wie moderne, auf der anderen Seife lässt sich auch einiges anführen. Denken wir an Atomkraftwerke, besonders an diejenigen, die der menschlichen Kontrolle entgleiten - Three Miles Island oder Cernobyl werden leider nicht die einzigen abschreckenden Beispiele bleiben, ganz zu schweigen ...




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