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Kurdische Reise: Aus dem Leben, eines, bedrohten Volkes


Auteur :
Éditeur : Goldmann Date & Lieu : 1989, Berlin
Préface : Pages : 256
Traduction : ISBN : 3-442-11454-3
Langue : AllemandFormat : 115x185 mm
Code FIKP : Liv. All. Gen. Sch. Kur. N° 1297Thème : Général

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Kurdische Reise: Aus dem Leben, eines, bedrohten Volkes

Kurdische Reise: Aus dem Leben, eines, bedrohten Volkes

Hella Schlumberger


Goldmann


Hella Schlumberger war als eine der wenigen Frauen mehrere Male und längere Zeit in Kurdistan, in der Türkei, im Iran und im Irak. Warum kämpfen die Kurden und warum werden sie bekämpft? Was ist an ihnen so gefährlich? Wie organisiert sich ein Volk im Krieg, wie lebt es im Frieden? Welche Aussicht auf Erfolg hat ihr Kampf darum, »frei und Kurden zu sein«?
Die Autorin läßt die Leser und Leserinnen teilhaben an den tagelangen Märschen durch die Schneeberge Kurdistans über die grüne Grenze in die Guerillacamps irakischer Kurden, an den Gesprächen mit den wichtigsten Kurdenführern, mit Freiheitskämpferinnen, Lehrerinnen, Dichtern und Sängern. Soldaten und Bauern, an Liedern und Festen, Spielen und Erzählungen. Männer- und Frauenrollen, -trachten, -gebrauche, -spräche. Liebessitten. Das Leben der Frau vor und nach der Heirat. Vaterkomplexe: die Söhne der bedeutendsten Kurdenführer, Massud und Idriss Barsani und Ali Ghazi, der Sohn des Präsidenten der Republik von Mahabad - wie sie mit ihrer Aufgabe fertig werden.
Das 20-MiIlionen-Volk der Kurden als »Spielkarte« im Mächtepoker der Großmächte. Ist der ein »djasch«, ein Verräter, der sich mit dem Feind des Feindes verbindet? Könnte das Ende des Golfkrieges der Anfang des gezielten Völkermordes an den Kurden des Irak sein? Oder die Chance für eine Autonomie?
Geschichte soll durch Geschichten verstehbar, Kultur erlebbar, Landschaft spürbar werden. Das aktuelle Porträt eines großen Volkes.

Dr. Hella Schlumberger lebt und arbeitet als freie Journalistin und Schriftstellerin in München. Weitere Veröffentlichungen: »Kreuzweg Mittelamerika« (1983), »Bolivien, Schwankende Wiege der Freiheit« (1985) und »Spanien, Menschenlandschaften (1988)



1. SERTSCHAO KURDISTAN

Spätherbstlich versmogt bot sich Teheran schon am Flughafen Mehrabad dar, sofern ich das in meiner Gemütslage zwischen Schwips und Kater, Abschieds- und Aufbruchsstimmung noch richtig aufzunehmen fähig war. Es war sieben Uhr früh, und der achtstündige Herflug, unterbrochen von einer Stunde Schlaf, hatte aus einer nicht enden wollenden Zuprostorgie der westlichen und einiger iranischer Passagiere bestanden. Adieu, dekadenter Westen! Einen Bocksbeutel hatte ich sogar in der Reisetasche verstaut mit dem kribbeligen Gefühl des Unbotmäßigen.

Die erste Paßkontrolle erfolgte durch Chomeinis »Wächter der Revolution«, die Pasdar. Tauschte ich mich, oder hielt der Mann meinen Paß verkehrt herum? Ich schaute weg. Chomeini-Milizen können Nicht-Moslems gegenüber äußerst unberechenbar sein. An der Wand ein unscheinbarer Anschlag, in dem es hieß, daß sich ausländische Journalisten sofort bei einer Informationsbehörde zu melden und drei Tage vor Verlassen des Landes ihren Paß abzugeben hätten. Journalisten schätzt man in der Islamischen Republik nicht besonders. Im Mai 1979 hatte Chomeini Politiker, Journalisten und Schriftsteller, die weder Gott noch den Islam erwähnen, »Handlanger des Teufels« genannt. Im September wurde er konkreter: Wer gegen die islamische Nation schreibe oder revoltiere, sei wie ein »Tumor, der entfernt werden müsse«. Einen Monat später wurde eine neue Bestimmung ins Leben gerufen: Journalisten, die über den Iran berichten wollten, müßten bereits in der Iranischen Botschaft ihres Heimatlandes um Arbeitserlaubnis nachsuchen und brauchten ein Sondervisum bei jeder Einreise. Beides hatte ich nicht.

Drei Wochen zuvor hatte die Einschüchterungstaktik aus Teheran ihren Gipfel erreicht: Journalisten ohne amtliche Akkreditierung werden als Spione behandelt, und ertappte Spione sind zu erschießen. Ausländskorrespondenten haben einen »Wahrheitsschwur« abzulegen, in dem es heißt: »Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und bei meiner persönlichen Redlichkeit.nur die Wahrheit zu schreiben und keinerlei Falschmeldungen zu publizieren, die feindliche Gefühle gegenüber der iranischen Revolution in der Welt wachrufen oder die Völker gegeneinander aufwiegeln können.« Journalisten sind für ihre Berichterstattung strafrechtlich verantwortlich zu machen.

Monate vorher hatte mir der damalige stellvertretende Ministerpräsident und Regierungssprecher Sadegh Tabatabai (wie der Fernsehgewaltige und spätere Außenminister Ghotbzadeh, aber auch manch anderer mächtige Mann seit der Revolution, ebenfalls aus der Chomeinifamilie) geraten, ja »objektiv«, also im Sinne der Machthaber zu berichten. Und Abdulhassan Bani Sadr, vor einem halben Jahr noch Herausgeber der Zeitschrift »Islamische Revolution« und Ideologe ohne Portefeuille, hatte mir in einem interview angekündigt, daß er darauf hinarbeite, die Vetternwirtschaft der Religiösen endlich zu beenden; inzwischen sollte ich aber über die gegenwärtige Phase des Übergangs von der Diktatur zur Demokratie doch mit Wohlwollen berichten.

Mein Wohlwollen hatte auch eine geraume Zeit angehalten, bis es sich verlagerte - auf die Gegenseite, auf die Seite der »Aufrührer«, der »Rebellen«, der »Söhne des Teufels«, wie der große Ayatollah die Kurden zu bezeichnen pflegte, bevor er in Verhandlungen mit ihnen eintrat. Der im September 1979 verkündete Sieg hatte sich inzwischen in eine Niederlage für die Zentralregierung verwandelt. Aus den von Chomeini verfluchten Kurdenführern, dem Generalsekretär der »Demokratischen Partei Kurdistans im Iran« (DPK), Abdul Rahman Ghas-semlu, und Scheikh Esodin Husseini. dem »geistigen Führer«, einem undogmatischen sunnitischen Mullah, waren inzwischen »unsere lieben Brüder« (Chomeini) geworden, mit denen man sich an einen Tisch setzte. Hatte sieh doch, trotz wiederholter Aufforderungen aus Ghom mit süßen (angeboten wurden Amnestie und eine Tageseinnahme der Erdölproduktion = 145 Millionen Mark) und mit bitteren (angedroht wurde härteste Bestrafung) Worten keine Kurdenhand bereit gefunden, die beiden Führer auszuliefern, damit sie vor eines der flink arbeitenden Revolutionstribunale gestellt werden konnten. Dafür hatte der fälschlich mit »Ayatollah« titulierte Sonderrichter Cho-meinis für Kurdistan, Khalkali, offiziell Chefankläger der Revolutionsgerichte. bereits 111 Kurden hingerichtet.

Nach Kurdistan wollte ich also, genauer gesagt, zunächst nach Mahabad, dem früheren »Sautsch Bulak« (d.h. »Quelle«), der Stadt des Stammes der Mukri-Kurden. einem 50000-Seelen-Ort, neunhundert Kilometer westlich von Teheran. Mahabad war vor 33 Jahren die Hauptstadt des einzigen kurdischen Staates, den es in neuerer Zeit gegeben hatte, der »Republik von Mahabad«. Als »Touristin« wollte ich dahin, unbefragt und so schnell wie möglich. Wobei ich Gedanken an inhaftierte oder des Landes verwiesene Kollegen weit von mir wegschob.

Endlich, nach zwei Stunden, waren die Kontrollen vorbei, ließ die Spannung nach. Ich mußte nicht einmal offiziell Geld wechseln, obwohl man mich schon mit sanfter Gewalt zum Bankschalter geleitet hatte ... Aber irgendwie erklärte sich der Beamte dann nicht für zuständig. Das war praktisch, weil der Schwarzmarktkurs im Bazar entschieden besser ist und liebenswürdigerweise auch täglich in den Zeitungen notiert wird, also eine Art von legalem Parallelkurs darstellt. Im Menschengewühl auf dem Flughafen die erste Ganzverschleierte: Sie trug keinen Tschador, der immerhin noch die Augen frei läßt, sondern, wie in Saudi-Arabien, ein langes schwarzes Tuch, das vom Kopf bis zum Boden reicht und die Trägerin vor den sündigen Blicken der Männer schützt. Sonst war von Revolution nicht viel zu spüren, außer daß die Schah-Büsten und -Bilder durch zum Teil mit Tesafilm an die Wände geklebte Fotos von Chomeini und anderen Ayatollahs ersetzt worden waren. Irgendwie hatte es etwas Provisorisches, Faszinierendes, Beunruhigendes.

Alptraum Teheran

Der Verkehr war so aggressiv und chaotisch wie immer, das Taxi so ungefedert wie gewohnt. Links tauchten hohläugige Wolkenkratzer auf, riesige Investitionsruinen aus der Schah-Zeit, für Armeeangehörige gedacht, rechts Wellblechsiedlungen.
 Im Hilton, stand auf einem Handzettel zu lesen, gebe es mangels Kundschaft vierzig Prozent Preisnachlaß.

Von einem dieser Dejä-vu-Zimmer mit Marmorbad aus sehe ich durch den gelbstichigen Smog die Berge der Nordkette schimmern, bis zum Fuß mit Schnee bedeckt. Im Juni hatten wir noch den 3000 Meter hohen Totschalgipfel besteigen müssen, um den letzten graupeligen Schnee zu finden. Schon damals, in den ersten Monaten der Islamischen Republik, wanderten die Männer zum Teil mit nacktem Oberkörper, die Frauen aber voll verhüllt, mit Kopftuch oder Tschador. Das diene der Würde der islamischen Frau, hatte man mir gesagt.

Auch im Hotel durften Frauen nicht mehr Tischtennis spielen oder gar im Swimmingpool baden. Das verletzte meine Würde erheblich, fand ich.
 Unter der mir erst nach bestandenen Prüfungen durch zuverlässige Kurden zu Hause mitgegebenen geheimen Telefonnummer - wieso hatte ich sie so verstecken müssen, daß ich sie zunächst nicht fand und glaubte, jetzt sei es aus? - meldete sich erst abends mein Kontaktmann. Ich sage meinen Erkennungssatz, daß es …




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