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Azade: Vom Überleben kurdischer Frauen


Auteurs : |
Éditeur : Edition Con Date & Lieu : 1984-01-01, Bremen
Préface : Pages : 160
Traduction : ISBN : 3-88526-140-5
Langue : AllemandFormat : 135 x 210 mm
Code FIKP : Liv. Ger. Koh. Aza. N° 1197Thème : Général

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Azade: Vom Überleben kurdischer Frauen

Azade: Vom Überleben kurdischer Frauen

Gesa Köhler,
Dorothea Nogga Weinell

Con

Das Land erstreckt sich von den Taurus-Ketten im Westen bis zum iranischen Hochplateau im Osten und vom Berg Ararat im Norden bis zu den Ebenen Mesopotamiens im Süden. Flächenmäßig ist es etwa zweimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland.
Obwohl Kurdistan eine ethnische, historische und nationale Einheit darstellt, ist es kein unabhängiger Staat.
Heute ist das Volk der Kurden ...



VORWORT

In den Industrieländern sowie in den Ländern der »Dritten« und »Vierten« Welt ist die Frau benachteiligt und dem Mann untergeordnet; sie ist ein Mensch zweiter Klasse.

Besonders in den Ländern der »Dritten« und »Vierten« Welt leisten die Frauen den überwiegenden Teil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, ohne daß sich dies sichtbar in ihrem persönlichen Einkommen und den nationalen Produktionsstatistiken niederschlägt. Oft haben sie nur unter Schwierigkeiten Zugang zu einer guten Schul-und Berufsausbildung. In der Mehrzahl der Länder gibt es eine grundsätzliche Höherbewertung des Mannes. Obwohl fast alle Verfassungen mit den Worten beginnen: »In unserem Staat ist jeder Mensch vor dem Gesetz gleich, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Rasse und Religionszugehörigkeit...«, ist dies oft nur Deklamation, denn vielfach wird nach alten Traditionen, Gewohnheiten und den damit verbundenen Privilegien gehandelt und gelebt. Mögen die Frauen auch wichtige soziale und ökonomische Funktionen erfüllen, — ihr Ansehen, ihre Einflußmöglichkeiten und ihr Entscheidungsspielraum sind zugunsten der Männer eingeschränkt.

Während unseres Studiums haben wir uns viel mit den Lebens-, Arbeits- und Sozialisationsbedingungen von Frauen beschäftigt. Wir haben hierzu inländische sowie ausländische Frauenliteratur gelesen und diskutiert. Hierbei haben insbesondere literarische Werke, die weitgehend authentische Berichte, Schilderungen und Erlebnisse betroffener Frauen enthalten, zum besseren Verständnis der angesprochenen Problemkreise beigetragen.

Aufgrund zahlreicher Anregungen und Kontakte begannen wir, uns verstärkt mit der Situation ausländischer Frauen zu beschäftigen. Uns fiel auf, daß es über bzw. von ausländischen Frauen, die bei uns in der Bundesrepublik leben, nahezu keine authentischen Berichte gibt. Täglich treffen wir Frauen aus anderen Ländern auf der Straße, im Universitätsbereich, in der Schule und am Arbeitsplatz, aber wir wissen wenig von ihrer Lebenssituation in ihrer Heimat und hier in der Bundesrepublik.

In Gesprächen stellten wir fest, daß es Deutschen kaum bekannt ist, daß viele türkische Frauen und Männer in Wirklichkeit Kurden sind, die nur aus Angst ihre kurdische Identität verschweigen. Für diese Frauen interessierten wir uns zunehmend und wollten gerne mehr über ihre Erfahrungen als ethnische Minderheit im türkischen Staat sowie über ihre Situation bei uns als Ausländerin erfahren.

Wir beschlossen, mit drei kurdischen Frauen, mit denen wir uns sprachlich gut verständigen konnten, Lebensberichte zu erstellen. Damit wollen wir einen Einblick in die Situation dieser Frauen, die zur Zeit in der Bundesrepublik leben, geben; wir lassen sie selbst zu Wort kommen, um sie aus ihrer eigenen Geschichte, Religion und Kultur heraus begreifen zu lernen. Wir haben die Frauen ihre Lebensgeschichte möglichst detailliert erzählen lassen; denn nur die Kenntnis der Lebensbedingungen in ihren Herkunftsländern ermöglicht ein Verständnis ihres Lebensalltags in der Bundesrepublik.

Ein weiterer wichtiger Bereich war das Ansprechen ihrer Gefühle, Hoffnungen, Wünsche sowie die Darstellung ihrer Probleme und deren Bewältigung. Jedes Leben birgt einen Reichtum an Erfahrung, der mitgeteilt zu werden wert ist. Es ist nicht ausreichend, lediglich sogenannte nützlichere Lebensläufe politischer und literarischer Größen zu schildern. Uns interessiert, wie Frauen ihre Geschichte erleben, wie sie sich ihre Geschichte vorstellen. Hierbei lernt man das Einmalige und Unwiederholba-re eines jeden Menschenlebens zu achten und die eigene Lebensgeschichte in Beziehung zu anderen zu bringen.

Wir wollen nicht vorrangig urteilen und Widersprüche aufdecken, sondern zuhören und lernen. Wir wollen Einblicke in die Sozialisationsbedingungen von Frauen aus einer anderen Kultur erhalten und zugleich erfahren, wie diese Frauen ein Leben in unserer Gesellschaft erleben, erfahren, ertragen.

Es handelt sich in allen drei Fällen um Frauen, die auf der Suche nach ihrer kulturellen Identität und ihrer Rolle als Frau sind. Sie wurden sich erst als Ausländerinnen in der Bundesrepublik dieser Probleme verstärkt bewußt. Es sind Frauen, die ihre persönliche und die Geschichte ihres Volkes in der Emigration aufarbeiten und in politische Arbeit umsetzen.

Die Frauen wurden durch die Emigration aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen, mußten ihr soziales Umfeld und ihre traditionellen Verhaltensmuster z.T. aufgeben und im Ausland in einer Umwelt leben, deren Regeln ihnen weitgehend unbekannt waren und in der ihnen vorrangig Verständnislosigkeit, Vorurteile undsogar Feindschaft entgegengebracht wurde bzw. noch wird.

Das Leben der drei Frauen war direkt sowie indirekt durch ihre Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit, der- Kurden, in der Türkei geprägt. Ihre Familie, Nachbarschaft und Heimat waren betroffen und gezeichnet durch die Assimilationspolitik der Türkei. Auch ihre jetzige Situation als Ausländerinnen in der Bundesrepublik Deutschland und ihre politischen Aktivitäten sind eine Konsequenz der Geschichte ihres Volkes, welche eine Geschichte der Unterdrückung, Verfolgung und Vernichtung ist.

Dieses Buch, das in enger Zusammenarbeit mit den Frauen entstanden ist, soll ein Beitrag zur Unterstützung der kurdischen Emigrantinnen in der Bundesrepublik sein. Wir stellten fest, wenn wir mehr voneinander wüßten und unsere Erfahrungen austauschen könnten, wäre dies ein erster Schritt zu verhindern, daß wir gegeneinander ausgespielt werden. Durch das Erkennen von Gemeinsamkeiten wird es uns Frauen leichter sein, uns im Kampf um Gleichberechtigung im privaten und gesellschaftlichen Bereich sowie bessere Lebensbedingungen solidarisch zu verhalten.

Wir wollen »objektive Bedingungen« und »subjektive Erfahrungen« im Nebeneinander darstellen, um so die Lebenswelt der kurdischen Frauen erfassen zu können. Hierbei sind wir bemüht, die Situation dieser Frauen nicht aus dem Blickwinkel unserer Emanzipationsanstrengungen als Frauen westlicher Industriegesellschaften zu betrachten oder gar zu beurteilen. Es ist wichtig, daß unsere Distanz zueinander nicht noch größer wird; deshalb muß zunächst Verständnis füreinander geschaffen werden.

An dieser Stelle möchten wir uns bei unseren drei kurdischen Freundinnen bedanken, die sich für unsere Fragen und Gespräche zur Verfügung gestellt haben und viel Zeit und Geduld aufbrachten, mit uns über die verschiedenen Problembereiche zu diskutieren. Außerdem gaben sie uns durch ihre Einladungen zu verschiedenen kurdischen Festen die Möglichkeit, einen Einblick in die Lebenswelt der Kurden in der Bundesrepublik zu erhalten. Wir danken außerdem allen kurdischen und deutschen Freunden und Freundinnen für ihre Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Buches.

Kurdistan

Das Land erstreckt sich von den Taurus-Ketten im Westen bis zum iranischen Hochplateau im Osten und vom Berg Ararat im Norden bis zu den Ebenen Mesopotamiens im Süden. Flächenmäßig ist es etwa zweimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland.

Obwohl Kurdistan eine ethnische, historische und nationale Einheit darstellt, ist es kein unabhängiger Staat.
Heute ist das Volk der Kurden zwischen der Türkei, dem Iran, Irak und Syrien auf-geteilt. Außerdem gibt es noch Minderheiten in der Sowjetunion (in den Republiken von Armenien, Georgien und Azerbaidschan), im Libanon und in Afghanistan.

Von den über 20 Millionen Kurden in den genannten Nationalstaaten leben ca. 10 Millionen in der Türkei, 6 Millionen im Iran, 3 Millionen im Irak, 750.000 in Syrien, 264.000 in der Sowjetunion und ca. 100.000 im Libanon.

Die Kurden haben eine eigene Sprache, das indogermanische Kurdisch, das dem Persischen verwandt ist. Sie gehören zur Familie der iranischen Völker wie Perser, Belutschen, Tadschiken oder Paschtunen.
In den Dörfern Kurdistans dominiert noch vorwiegend die Großfamilie und dort, wo das Militär und die Verwaltung noch nicht eingedrungen sind, herrscht eine halbfeudale, halb-asiatische Traditions- und Lebensweise.

Minderheiten in Kurdistan sind ca. 2 Millionen Araber, Armenier, Assyrer, Nasto-rianer und Türken.
Geo-politisch ist die Lage Kurdistans im Mittleren Osten von strategisch wichtiger Bedeutung; denn das Land ist reich an Bodenschätzen — es besitzt bedeutende Erdölvorkommen — und liegt im Berührungsraum vier mittelöstlicher Staaten zwischen der Sowjetunion, den Ebenen Mesopotamiens und dem Persisch-Arabischen Golf.

Kurdistan besteht überwiegend aus einer Gebirgslandschaft. Die Gipfel der hohen Berge sind oft viele Monate im Jahr mit Schnee bedeckt. Die Flüsse, bekannt sind besonders der Euphrat und der Tigris, geben dem Land manchmal eine bizarre oder auch idyllische Schönheit und bewässern einige sehr fruchtbare Täler wie z.B. die Ebenen von Urfa und Tigre. Über die Schönheit des Landes gibt es in der kurdischen Folklore viele Lieder und Gedichte. Allerdings ist die Landschaft in bestimmten Gebieten durch die koloniale Politik der herrschenden Regime, durch Kriege, Naturkatastrophen, Raubbau am Holz etc. zerstört worden.

In Kurdistan werden u.a. folgende Bodenschätze gefördert: Kupfer, Eisenerz, Phosphat, silberhaltiges Blei, Gold und Silber. Auch Kohlevorkommen gibt es fast überall. Die wichtigsten Quellen des natürlichen und industriellen Reichtums sind Chrom und Erdöl.
Bezeichnend für Kurdistan ist jedoch, daß der aus dem Land gezogene Reichtum nie für seine Entwicklung benutzt wurde und wird. So hat z.B. die türkische Regierung lediglich ein Interesse am Abbau der Rohstoffe und der Nutzung der Energiequellen Kurdistans für die Westtürkei.

Eine strukturelle Industrialisierung wurde in Kurdistan nicht durchgeführt. Obwohl 1/3 des Territoriums der Türkei zu Kurdistan gehört, betragen hier die staatlichen Investitionen nur 10 % der Investitionen für die gesamte Türkei. Die Investitionen der Privatwirtschaft machen 2,7 % der Investitionen für die gesamte Türkei aus. Nur 5 % der Industriearbeiter sind in Kurdistan …




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