Die Erlebnisse des syrischen Ritters
Usäma ibn Munqid
Verlag C. H. Beck
Das um 1180 geschriebene „Buchder Belehrung durch Beispiele“ vermittelt ein authentisches Bild der Lebensverhältnisse in den islamischen Staaten während der Zeit der Kreuzzüge. Aus einer Vielzahl trefflicher Beobachtungen und amüsanter Anekdoten entsteht das Bild einer Epoche, in der sich politische Unsicherheit und tägliche Lebensbedrohung mit verfeinerter Lebenskultur und einer Perfektion der Genüsse verbinden. Rittererzählungen, Wundergeschichten und Jagdabenteuer bereichern die autobiographischen Aufzeichnungen, so daß „Unterhaltung und Belehrung“ auch den heutigen Leser gefangennehmen, Vergnügen und Nachdenken gleichermaßen herausfordern.
Der syrische Ritter Usäma ibn Mun-qid (1095-1188) hat im Laufe seines langen Lebens rund ein Dutzend Bücher verfaßt, von denen aber die meisten nur dem Titel nach oder durch wenige Auszüge bekannt sind. Den Bericht über seine Erlebnisse und Abenteuer schrieb er zwischen 1155 und 1182. Hier zieht Usäma gleichsam die Summe seines Schaffens. Im Krieg gegen die Kreuzfahrer besitzlos geworden, reiste er von Hof zu Hof, wechselte immer wieder seine Dienstherren und wurde in die Intrigen der Kalifen und Emire von Damaskus, Kairo und Bagdad um die Vorherrschaft an der arabischen Pforte verwickelt. Inhalt
Usäma als Krieger und Politiker (1135-1155) / 5 Im Heer des Atäbeg Zangi (1135-1138) / 5 Usäma in Damaskus (1138-1144) / 7 Intrigen am Fätimidenhof (1144-1150) / 8 In politischer Mission nach Syrien (um 1150) / 13 Machtkämpfe in Kairo (1153-1154) / 22 Das Schicksal Ridwäns / 35 Bei Nür ad-Din in Damaskus (1154-1164) / 39 Aus Kriegen mit Franken und Muslimen / 42 Die Ehre des Ritters / 42 Seltsame Verwundungen / 45 Usämas erster Kampf / 47 Seltsame Heilung und seltsamer Tod / 50 Schlaue Pferdediebe / 51 Tod eines Helden / 55 Der Tod des Herrn von Hamä / 55 Bemerkenswerte Lanzenstöße / 57 Usämas Vater / 61 Eine Kriegslist der Franken / 66 Hohn des Schicksals / 67 Heilung durch Verwundung / 68 Kampf mit den Franken / 72 Ein Scharmützel mit der Reiterei von Hamä / 73 Eine Heldentat Gunras / 74 Die Ritter bei den Franken / 76 Tankreds Grausamkeit / 77 Der Frankenritter Badrahawä / 79 Einer gegen viele / 80 Beduinentreue / 93 Gefangenenfreikauf bei den Franken / 94 Wunderbare Rettung in Ämid / 96 Rettung aus dem Löwenrachen / 98 Mut und Unbedachtsamkeit / 99
Weise Regierung / 101 Dem Schicksal entgeht man nicht / 105 Unter Allähs Schutz / 106 Glaubenskrieger / 109 Pferdegeschichten / 111 Kampfbereitschaft / 115 Usämas Geistesgegenwart und Mut / 116 Schicksalsfügung / 120 Abenteuer mit Löwen / 121 Abenteuer mit Leoparden / 126 Die Belagerung von Saizar durch die Byzantiner / 129 Die Franken auf dem Weg nach Damaskus / 130 Bemerkenswerte Schwerthiebe / 132 Heldenmut bei Frauen / 135 Fränkische Sitten / 148 Ängstliche Helden / 158 Unglücksfälle / 160 Seelenstärke / 163 Alläh hilft / 165 Hilfe durch Furcht / 168 Übertriebene Kühnheit schadet / 170 Ehrgeiz führt zu Heldenmut / 173 Al-Gisyänis Grausamkeit / 175 Launen des Schicksals / 179 Des Lebens Grenzen lassen sich nicht ändern / 182 Die Last des Alters / 184 Lob des großen Saladin / 186 Anhang / 189 Wundergeschichten / 190
Jagdgeschichten / 210 Jagd mit dem Vater / 211 Jagd mit dem Atäbeg Zangi / 211 Jagd bei Damaskus / 213 Jagd in Ägypten / 213 Jagd in <Akkä / 215 Jagd in Hisn Kaifa / 216 Jagd in Nür ad-Din / 216 Jagd mit dem Vater bei Saizar / 217 Epilog / 246 Anmerkungen / 248 Zur vorliegenden Ausgabe / 258 Zur Umschrift und Aussprache arabischer Namen / 263
Nachwort / 267
Register / 298 USÄMA ALS KRIEGER und Politiker (1135-1155)
Im Heer des Atäbeg Zangi (1135-1138)
... In jener Schlacht [1135 bei Qinnasrin in Nordsyrien] gab es nicht viele Gefallene unter den Muslims. Vom Imäm ar-Räsid ibn al-Mustarsid - Alläh erbarme sich Sohn und Vater - war Ibn Bisr zum Atäbeg gekommen, um diesen zum Kalifen zu rufen. Ibn Bisr nahm auch an der Schlacht teil und trug dabei einen vergoldeten Harnisch. Ein fränkischer Reiter namens Ibn ad-Daqiq durchbohrte ihm mit der Lanze die Brust, so daß diese am Rücken wieder herauskam. Alläh erbarme sich Ibn Bisrs! Doch wurde eine große Zahl von Franken getötet. Auf Befehl des seligen Atäbeg wurden ihre Köpfe auf einem Feld gegenüber der Festung gesammelt. Es waren etwa dreitausend Stück. Dann zog der König der Byzantiner im Jahre 532 [1138] ins Land. Er kam mit den Franken - Alläh lasse sie in Stich -überein, sich gegen Saizar zu wenden und es zu belagern. Da sagte Saläh ad-Din [al-Gisyäni]: »Siehst du nicht, was dieses mutterlose Kind getan hat?« Er meinte damit seinen Sohn Sihäb ad-Din Ahmad. »Was denn?« fragte ich zurück. »Er hat einen Boten zu mir geschickt und mir sagen lassen, ich solle jemand anderen finden, der meine Stadt übernimmt.« »Und was hast du getan?« »Ich habe einen Boten zum Atäbeg geschickt und ihm sagen lassen, er solle seinen Platz wieder übernehmen.« »Wie konntest du das nur tun? Der Atäbeg wird dir sagen: >Als Fleisch da war, hat er es gegessen. Als aber nur noch Knochen blieben, hat er sie mir hingeworfen.<« »Und was soll ich tun?« erkundigte sich Saläh ad-Din. »Ich selbst werde dort [in Saizar] bleiben. Wenn Alläh der Erhabene es rettet, wird es zu deinem Glück sein, und dein Antlitz wird vor deinem Herrn rein sein. Wenn der Ort aber genommen wird und wir getötet werden, ist es unser Schicksal. Du aber bist ohne Schuld!« »Niemand außer dir hat je so zu mir gesprochen!« meinte Saläh ad-Din dazu. Da ich vermutete, er werde auf diesen meinen Vorschlag eingehen, sammelte ich Schafe, viel Mehl und Fett und alles, was ein Belagerter sonst noch braucht. Als ich bei Sonnenuntergang in meinem Hause war, kam jedoch sein Bote zu mir und teilte mir mit: »Saläh ad-Din läßt dir sagen: >Wir marschieren übermorgen nach Mosul.< Bereite dich also auf den Marsch vor!« Große Sorge kam deshalb über mich, und ich sprach: »Soll ich meine Kinder, meine Brüder und meine Familie in der belagerten Stadt zurücklassen und selbst nach Mosul ziehen?« Am nächsten Morgen ritt ich zu ihm ins Zeltlager, um ihn um die Erlaubnis zu bitten, nach Saizar zu gehen, damit ich Geld und Gut, das wir für den Weg brauchten, holen konnte. Er gab mir die Erlaubnis und bedeutete mir, nicht zu säumen. Ich ritt also nach Saizar. Der Anblick, der sich mir dort bot, erschütterte mich und erteilte auch meinem Sohn eine Lehre, denn er hatte gerade den Kampf aufgenommen. Dann hatte er [Saläh ad-Din] zu meinem Haus geschickt, alle Zelte, Waffen und den Hausrat, die sich dort befanden, herausgeholt, meine Lieben an sich gerissen und meine Gefährten verfolgt. Es war ein großes und schreckliches Unheil. Die Umstände erforderten meine Abreise nach Damaskus. Einer nach dem anderen kamen die Boten des Atäbeg, urn den Herrn von Damaskus zu bitten, mich zu ihm zurückzuschicken. Ich blieb acht Jahre in der Stadt und nahm dort an zahlreichen Kriegen teil. Der Herr von Damaskus - Alläh sei ihm gnädig - belohnte mich reichlich mit Geschenken und Lehen und zeichnete mich aus, indem er mich in seiner Nähe hielt und mich ehrte. Außerdem sorgte sich der selige Emir Mu<in ad-Din um mich, zog mich an sich und kümmerte sich um meine Angelegenheiten. Dann erforderten es jedoch bestimmte Gründe, daß ich nach Ägypten abreiste. Dadurch ging mir an häuslichem Bedarf und an Waffen mehr verloren, als ich ertragen konnte. So kam ich auch um meine Besitzungen. Das war ein weiterer Schicksalsschlag. Dabei bedauerte der selige Emir Munn ad-Din meine Abreise sehr und blieb mir wohlgesinnt und war wohltätig zu mir. Doch gestand er ein, daß er in meiner Sache nichts unternehmen könne. Er schickte mir sogar seinen Sekretär und Kämmerer, den seligen Mahmud al-Mustar-sidi, mit folgender Botschaft: »Bei Alläh! Hätte ich die Hälfte der Leute, würde ich die andere Hälfte mit ihnen schlagen. Und hätte ich auch nur ein Drittel von ihnen, würde ich doch die anderen beiden Drittel mit ihnen schlagen und mich nicht von dir trennen. Doch alle haben sich gegen mich verschworen, und ich habe keine Macht über sie. Wo auch immer du sein magst, soll die Freundschaft zwischen uns aufs beste sein.« Darüber habe ich folgende Verse gedichtet: 0 Mu<in ad-Din! Wie manchen Ring von Huld hast du gelegt um meinen Nacken gleich Ringen, die die Tauben tragen!
Die Lebenserinnerungen Usäma ibn Munqids, eines syrischen Ritters im 12. Jahrhundert, sind ein farbenprächtiges und inhaltsreiches Dokument aus der stürmischen Zeit der Kreuzzüge. Usäma hinterließ der Nachwelt Episoden seines bewegten Lebens, seiner Kämpfe gegen die Kreuzfahrer, seiner ritterlichen Vergnügungen bei der Jagd und seiner Erlebnisse in den Kreuzfahrerstaaten der Mittelmeerküste, in Bagdad und Ägypten. Literarische, historische und philosophische Texte der Völker Asiens und Nordafrikas von den Anfängen bis zur Gegenwart Orientalische Bibliothek ….. Usäma ibn Munqid
Kitäb al-I'tibär „Buch der Belehrung durch Beispiele“
Verlag C. H. Beck
Verlag C. H. Beck Orientalische Bibliothek Die Erlebnisse des syrischen Ritters Usäma ibn Munqid Unterhaltsames und Belehrendes aus der Zeit der Kreuzzüge
Die „Orientalische Bibliothek“ vereinigt literarische, historische und philosophische Texte der Völker Asiens und Nordafrikas von den Anfängen bis zur Gegenwart. Mit Lesetexten wie auch mit wissenschaftlich kommentierten Ausgaben will die Sammlung zum Verständnis der nationalen Eigenarten der orientalischen Kulturen und ihrer übernationalen Bedeutung beitragen.
Verlag C. H. Beck München
Usäma ibn Munqid Kitäb al-I'tibär >Buch der Belehrung durch Beispiele<
Aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von Holger Preißler
Die Abbildung des Schutzumschlages zeigt eine Fayenceschale (Fürst auf der Jagd) aus der ostiranischen Stadt Niääpür (Nishapur) aus dem 10. Jahrhundert. Die Reproduktion wurde entnommen: D. et J. Sourdel, La Civilisation de l’Islam classique, Paris 1968, Tafel 139.
An der Herausgabe der Orientalischen Bibliothek< sind beteiligt: Verlag C. H. Beck, München, Verlagsgruppe Kiepenheuer, Leipzig und Weimar, Verlag Volk und Welt, Berlin.
ISBN 3 406 30379 X Ausgabe für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin-West, Österreich, Schweig: Verlag C. H. Beck, München 1985 © 1981 Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig und Weimar Gesamtherstellung: Offizin Andersen Nexö, Graphischer Großbetrieb, Leipzig Schrift: Timeless-Antiqua Gestaltung: Dietmar Kunz Printed in the German Democratic Republic |